Walpar Tonnraffir und die Ursuppe mit Extra Chili

Walpar Tonnraffir, Ursuppe, Titelbild, Rezension
Uwe Post

Für den ersten Band der noch offenen Walpar Tonnraffir Serie hat Uwe Post sowohl den Deutschen Science Fiction als auch den Kurd Laßwitz Preis 2011 erhalten.  Im Text des zweiten Buches deutet Uwe Posts Protagonist an, dass der Medienhype um „… den Zeigefinger Gottes“ ihn zumindest reich und ein wenig berühmt gemacht hat.

Mit „Walpar Tonnriffer und die Ursuppe mit Extra Chili“ erscheint die Fortsetzung. Auch wenn Walpar Tonnriffer als Weltraumdetektiv mit Zopf davon spricht, nur noch Aufträge von Verzweifelten oder interessanten Menschen/ Wesen/ Inkarnationen/ Maschinen anzunehmen, hat er im vorliegenden zweiten Buch gar nicht die entsprechende Gelegenheit, denn der Fall fällt ihm förmlich in den Schoß.  Er kann sich gar nicht gegen den natürlich grünen Außerirdischen wehren, der mit einem Gleiter durch die Hyperraumwände gebrettert ist, um ihn einer Art Niemandslandbar eben nur auf Walpar zu treffen. Es ist nicht die einzige Szene im vorliegenden Roman, die in diesem Fall auch als Hommage an Douglas Adams und sein seltsames Restaurant am Ende des Universums durchgehen könnte. 

Hitsu Chili – daher auch der Schuss Chili in der Ursuppe – ist der grüne Außerirdische, der von einer speziellen Organisation der Veranstalter ausgewählt worden ist, die Ursuppe eines jungfräulichen Planeten aufzusuchen.  Nur soll sein genetisches Material Bestandteil dieser Suppe werden.  Er stiehlt einem frisch vermählten Pärchen einfach ihr Raumschiff und flieht bis zu Walpar Tonnraffir und der angesprochenen Kneipe. Walpar Tonnraffir entschließt sich, ihm zu helfen, während die brüskierte Veranstalterin mit ihrem ambivalenten Grundgeschlecht eher durch  Zufall die Verfolgung aufnimmt.

Für  derartige  groteske und nicht ernst zu nehmende Romane ist es immer wichtig, handlungstechnisch einen roten Faden anzubieten.  Ansonsten droht der Spannungsbogen irgendwann zwischen den grellbunten bis satirischen Szenen, den verschiedenen Anspielungen auf Science Fiction Serien und selbst die Einbeziehung von als Karikatur dargestellten Figuren wie dem Doktor aus anderen Serien buchstäblich zu versanden. 

In den letzten Jahren hat Uwe Post mit seinem einzigartigen, wahrscheinlich auch aus Sicht einiger Leser gewöhnungsbedürftigen Humor immer wieder mit diesen Problemen bei seinen längeren Arbeiten zu kämpfen gehabt.  Die Handlung zerflatterte und die Mittelteile wirken langweilig. Im vorliegenden Buch zeigt sich ein gänzlich anderes Phänomen. Der Autor kann den über weite Strecken temporeichen, stringent erzählten Plot nicht wirklich zufriedenstellend beenden. Die angebotene Lösung ist in mehrfacher Hinsicht eher bemüht und sehr wenig originell. Sie wirkt schal. Natürlich holt Uwe  Post auf dem Weg dahin noch einmal zu einer Art Generalschlag aus und ist sich auch nicht zu schade,  selbst Walpars Verwandtschaft  einzubeziehen.  Aber die Resetidee und die abschließende Variation funktionieren nicht richtig und erscheinen bemüht.

Wie bei vielen Reisen sind es die kleinen Etappen, die dank ihrer satirischen Anspielungen bis in die Gegenwart den Roman nicht zu einer einfachen, aber sehr interessanten Lektüre machen. 

Die Episode  mit dem verzweifelten Bänker auf der Suche nach Kunden, die unbedingt Kredit  haben wollen und gleichzeitig sein Leben retten können, wird den Leser schmunzeln lassen. Die  Idee einer Gesellschaft, in welcher es nach der Nase geht und Wohlgerüche im Grunde demokratische Mehrheiten ersetzt haben und in welcher anscheinend absolute (Steuer-) ehrlichkeit inklusiv entsprechender Urkunden herrscht, ist so bizarr, das der Leser ein wenig in ihr verweilen möchte. Aber am Ende dieser Szene zeigt Uwe Post, dass er manchmal mit seinen eigenen Ausgangsszenarien nicht viel anfangen kann, denn er löst sie auf eine Art und Weise auf, die unerklärlich erscheint.

Das bestohlene Brautpaar mit dem Dinosauriermännchen irritiert ein wenig. Auch die Veranstalterin mit ihrer anfänglich perfektionierten Vorgehensweise und vor allem ihrem Frust hinsichtlich des fliehenden „Freiwilligen“ ist interessant und solide gezeichnet, bevor bei ihr nicht nur die Emotionen ausbrechen, sondern sie sich kurzzeitig derartig verwandelt, dass der Handlungsbogen unterbrochen werden muss.

Je weiter der Plot – so weit man von einem Plot bei den aneinander gereihten Szenen sprechen kann – voranschreitet, desto unübersichtlicher wird die Handlung. Das ist grundsätzlich kein Problem, da Uwe Post vor allem im ersten Teil des Romans seine Leser auch durch die wechselnden Perspektiven und einen indirekten Informationsfluss immer wieder einfängt und zusammen mit den beiden Teams auf die Spur bringt. Selbst das auf der Erde erneut fliehende Alien – Walpar wollte ihn dort in Sicherheit bringen – mit seiner skurrilen, aber nicht  unsympathischen Sichtweise schafft es, dem Bereich der „First Contact“ Story auch durch Uwe Post absichtlich überfrachteten, aber über weite Strecken wie bei guten Parodisten nicht zur sich selbst befruchtenden Farce werdenden Schreibstil neue Impulse zu verleihen.

Aber dieses Absurditätenkabinett verliert schließlich durch den Hang, zu viele Ideen auf zu wenig Raum zu selten zufriedenstellend extrapoliert abzuhandeln an Fahrt. Anstatt irgendwann auf die Zielgerade einzubiegen und tatsächlich eine lustige Lösung selbst mit Handtuch zu  präsentieren, sind die einzelnen Abschnitte des Buches in sich unterhaltsamer, vergnüglicher  durch die  zahllosen Anspielungen und schließlich isoliert humorvoller als das abschließende Ganze, zumal vorallem Walpar Tonnraffir als Charakter sich nicht weiter entwickelt, sondern im Grunde in einem universellen Nichts stehen bleibt.

Kein Uwe Post Roman ist gewöhnlich und oberflächlich betrachtet ist auch der zweite Walpar Tonnraffir Band eine vergnügliche,  kurzweilige Lektüre.  Aber der Funke will auch nicht an allen Stellen überspringen und stellenweise fehlt Uwe Post die freche Improvisationsgabe, welche seine ersten Romane so frisch und erfrischend erschienen lies. Nicht wörtlich, aber in der Intention betritt er nicht immer neue Pfade und hält sich ein wenig zu eng an den erkennbaren Vorbildern fest. Der Grat zwischen Parodie und Klamauk ist schmal und die Balance zwischen Plot und Farce stimmt nicht immer vor allem in der zweiten Hälfte des Buches.  Uwe Post Freunde wird der Roman natürlich erfreuen, aber wer sich mit diesem besonderen Autoren der deutschsprachigen Science Fiction auseinandersetzen möchte,  sollte anfänglich erst „Symbiose“ oder dem  ersten Walpar Tonnraffir schauen, ob er mit dem Post´schen Humor zu Recht kommt. „Die Ursuppe“ stellt leider keine Steigerung gegenüber dem deutlich schrägeren, aber auch flüssigeren „Zeigefinger Gottes“ dar.     

 

Titelbild: Si-yü Steuber
A5 Paperback. Atlantis Verlag

ca. 192 Seiten,

ISBN 978-3-86402-581-8.