“Das Todesgen” setzt unmittelbar an den Gegenschlag der neuen künstlichen Superintelligenz gegenüber den Ash`Gul`Kon an. Interessant ist dabei, dass diese KSI durchaus differenzieren kann. Sie rechnet mit weiteren Attacken des Geists und seiner Flotte. Auf einer hintergründigen Ebene führt sie die Auseinandersetzung mit der anderen künstlichen Intelligenz fort. Sie ist aber nicht bereit, in den zwischenmenschlichen Konflikten – sie machen einen Schwerpunkt des vorliegenden Romans aus – einzugreifen, da es bedeuten würde, die Menschen komplett zu entwaffnen, zu entmündigen und schließlich zu unterdrücken. Diese logische Vorgehensweise würde aber zu einer Revolution und damit wieder zu Opfern unter den Menschen führen. Es bleibt abzuwarten, ob die künstliche Superintelligenz wirklich diese neutrale Position in Kombination mit einer klassischen Verteidigungspolitik gegenüber den künstlichen „Supermächten“ aufrecht erhalten kann oder ob in einer der weiteren Miniserien die Büchse der Pandora ein anderes, vielleicht dunkleres Gesicht zeigt.
Nach dem vorläufigen Sieg gegen die Ash´Gul`Kon wendet sich die Handlung dem zweiten Konflikt zu: der Auseinandersetzung mit dem von Sjöberg gegründeten Imperium. Sjöberg hat sich eine Armee von Supersoldaten künstlich gezüchtet, die mit absoluter Loyalität und überlegener Kampftechnik seine Herrschaft manifestiert haben.
Sowohl Jaydon Cross als auch seine neue/ akte Freundin Kirby Belflair werden mit unterschiedlichen Missionen in Sjöbergs Reich entsandt. Vor allem in den ersten beiden Miniserien hat dieser Konflikt inklusiv der Abspaltung / Gründung der Republik durch die Rebellen einen wichtigen wie spannenden Raum innerhalb der Serie eingenommen. Sjöbergs Paranoia, aber auch seine instinktive Cleverness haben lange Zeit aus ihm einen charismatischen Antagonisten gemacht, der vor allem mit einer Mischung aus Rücksichtslosigkeit, aber auch planerisches Langmut zu den besten und dreidimensionalen Charakteren der Serie gehört hat, ohne über den Rand in Richtung Klischee abzudriften.
In den letzten Romanen hat Sjöberg ohne Grund einen Teil seiner Gefährlichkeit verloren. Ein großes Manko ist gewesen, dass sich Sjöberg weiterhin kontinuierlich selbst überschätzt hat und auf die gleichen Tricks und Fallen hereingefallen ist. Teilweise hat Andreas Suchanek seine Figur in einzelnen Szenen so derartig überzeichnet, dass er wie eine Parodie erschienen ist. Diese Fehler versucht Andreas Suchanek im vorliegenden Roman zu relativieren und Sjöberg eher im Hintergrund des von ihm aufgebauten und kontrollierten Imperiums agieren. Natürlich schauen alle Antagonisten ängstlich über ihre jeweiligen Schultern, aber der Imperator hat keine großen Szenen.
Während die Infiltration der Forschungsstation mit Hilfe der ambivalenten Allianzpartner überzeugend und teilweise auch spannend geschrieben worden ist, wirkt das Sammeln von Informationen und im gleichen Atemzug von Verbündeten zu einfach. Zumindest geht nicht alles glatt und Jaydon Cross muss nicht zum ersten Mal in der laufenden Serie auf abenteuerliche Art und Weise gerettet werden. Während Cross in den letzten Romanen dem semikosmopolitischen Geschehen eher hilflos gegenüber gestanden ist, überzeugt die Rückkehr zum im wahrsten Sinne des Wortes aktiven Diensts inklusiv der entsprechenden Actionszenen deutlich mehr.
Der Handlungsbogen wird inklusiv einer weiteren Lebensgefahr für eine wichtige Hauptfigur allerdings eher ambivalent abgeschlossen. „Das Todesgen“ ist titeltechnisch Programm und ermöglicht es, eine weitere im Grunde erdrückende Gefahr fast im Vorbeiflug auszuschalten. Das geht ein wenig zu schnell und es stellt sich die Frage, warum Sjöberg mit seinen vielschichtigen Informationsmöglichkeiten diese Idee nicht vorher ausgeschlossen bzw. einen derartigen Anschlag verhindert hat?
Die zweite Handlungsebene mit dem Erreichen des aufständischen Mars ist deutlich unterhaltsamer beschrieben worden. Natürlich ist es angesichts der wenigen vorhandenen Raumschiffe – es wird ordentlich darüber diskutiert, wann welches Schiff überhaupt notdürftig einsatzfähig ist – und damit auch der erfahrenen Crews fragwürdig, warum ausgerechnet Cross und Kirby als Raumschiffkommandanten sich den Geheimagentenmantel umlegen müssen, aber die Infiltration in der Tarnung imperialer Offiziere mit ihren entsprechenden Marotten ist unterhaltsam und spannend zu gleich beschrieben worden. Dabei spielen persönliche Animositäten auch eine gewichtige Rolle. Weiterhin positiv ist, dass mit Kirby eine frische und nicht vom Ballast der ersten spektakulären Abenteuer belastete immer in letzter Sekunde gerettete Figur eine wichtige Rolle spielt.
Im letzten Drittel wird wieder eine relevante Figur gerettet. Natürlich wäre es interessant gewesen, eine Art Doppelschlag zu praktizieren und zwei wichtige positive Protagonisten in zwei aufeinanderfolgenden Romanen sterben zu lassen. Das war Andreas Suchanek unabhängig von der Wichtigkeit der einzelnen Individuen wahrscheinlich viel zu viel, so dass diese Rettung in letzter Sekunde aufgrund der perfekt wirkenden Medizin als Kompromiss genommen worden ist.
Mit einer bodenständigen, eher wieder an den Military Science Fiction der ersten Zyklen erinnernden Handlung und einer soliden Struktur überzeugt „Das Todesgen“ deutlich mehr als die letzten Romane und konzentriert sich eher auf die menschlichen Protagonisten. Negativ ist, dass wieder eine relevante Gefahr im Vorbeiflug eliminiert worden ist, nachdem sowohl die Ash´Gul`Kon als auch die unendlich erscheinende Klonarmee über mehrere Romane in Ruhe aufgebaut und als Gefahr etabliert worden sind. Hier wäre es sinnvoller gewesen, den Verteidigern mehr Steine in den Weg zu legen, damit die Spannungskurve nicht so abrupt zu einem entweder vorläufigen bei den Ash´Gul`Kon als auch hinsichtlich der Klonarmee wahrscheinlich endgültigen Ende gebracht worden ist.
- Format: Kindle Edition
- Dateigröße: 1766 KB
- Seitenzahl der Print-Ausgabe: 124 Seiten
- Verlag: Greenlight Press; Auflage: 1 (7. Juni 2017)
- Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
- Sprache: Deutsch
- ASIN: B072JYMX6T