
„Vor dem Ende“ stellt die Mitte des Zyklusabschnitts der laufenden Miniserie dar, wobei Andreas Suchanek schon in seinen Vorwörtern impliziert hat, dass er eine Art Übergang zum ersten kleinen Jubiläumsband fünfzig ausarbeiten möchte.
Wie bei allen anderen Miniserien stellt die Zyklusmitte immer eine Art Wendepunkt dar. Mit einem mehr oder wenigen hohen Tempo bringt der Autor alle wichtigen Protagonisten nicht nur in bedrohliche, sondern teilweise aussichtslose Situationen. Hinzu kommt der Hang des Autoren, viele der relevante Figuren einer Lebensgefahr auszusetzen, aus welcher sie sich entweder mittels eines Tricks oder einer „Deus Ex Machina“ Rettung in letzter Sekunde noch befreien können.
Für diese starre, aber in den Details unterschiedliche Struktur spricht aber auch vieles. Der Rhythmus ist dem Leser vertraut und Andreas Suchanek kann sehr geschickt planen. Auf der negativen Seite wirken einige dieser Abläufe aber auch inzwischen so vertraut, das sie statisch erscheinen.
„Vor dem Ende“ ist ein zufriedenstellender dunkler Roman. Die „Hyperion“ unter dem Kommando von Jaydon Cross steuert das Acrux System an, wo die Anführerin der Kybernetiker eine mächtige Maschine gebaut hat, die mit einer zusätzlichen künstlichen Intelligenz ausgestattet den Kampf gegen den Geist der Ash`Gul`Kon führen soll. S ist auch die einzige Möglichkeit der Menschheit, überhaupt eine Chance gegen diesen Feind von Jenseits der Barriere zu haben. Warum die Ash´Gul`Kon ihre technologische Überlegenheit und vor allem ihre Entschlossenheit nicht konsequenter ausgenutzt und nach dem Zusammenbruch der Barriere bis zum Ende durchgeführt haben, wird von Andreas Suchanek nicht weiter extrapoliert.
Der Geist hat inzwischen einen anderen Plan entwickelt. Mit Hilfe von Computerviren schaltet man jeglichen Zugang zu Elektronik aus. Natürlich bricht Chaos aus. Emotional überzeugend und vor allem ohne Pathos beschreibt Andreas Suchanek an mehreren Fronten die brutalen Folgen dieses Vorgehens. Das Thema alleine hätte für mindestens einen ganzen Roman gereicht. Die Fragmente setzen sich zu einem im Grunde nihilistischen Gesamtbild zusammen. Es ist der stärkste Handlungsstrang des ganzen Romans.
Bis es zu diesen chaotischen Verhältnissen aber kommt, ist es ein zu weiter Weg. Der Datentransfer zur Erschaffung der neuen Superintelligenz wird sehr ausführlich und zu distanziert beschrieben. Alleine die Grundidee, dass eine perfekte und jetzt perfektionierte Maschine ein potentielles Gegengewicht zum Geist bilden kann und wird, ist stark konstruiert, aber Andreas Suchanek belebt sie auch mit zu wenig Leben. Viele Charaktere akzeptieren diese Idee als solide und einzige Möglichkeit, den Geist zu besiegen. Niemand stellt die möglichen Folgen in Frage und noch weniger sind die Protagonisten überrascht, welchen technologischen Quantensprung die Kybernetiker plötzlich präsentieren.
Der Geist verlässt sich aber nicht nur auf seine Technik. Eine immer wieder gerne verwandte Idee von Andreas Suchanek ist der Agent, der Spion, der Saboteur an Bord eines der Raumschiffe, der plötzlich aktiviert wird. Vor allem in der ersten Miniserie hat er immer wieder auf diese Idee zurück gegriffen. Dieses Mal soll der Spion die Fertigstellung von Cassandras Superintelligenz verhindern.
Jaydon Cross und seine Crew sollten inzwischen Erfahrung mit dieser Vorgehensweise haben und sich doppelt oder dreifach absichern. Paranoia war positiv gesprochen eines der hervorstechenden Merkmale der Serie vor allem in den ersten beiden Minizyklen. Davon ist lange Zeit nicht die Rede. Die Angriffe des Maulswurfs sind spannend und effektiv beschrieben worden, bevor der Plot wieder auf verschiedene Gefahrenszenarien zurückfällt und die Reaktion der Protagonisten eher überrascht als überzeugt. Mit dem Maulwurf können die einzelnen Helden jeweils in unterschiedliche Lebensgefahren gebracht und der eingangs erwähnte Punkt mit Leben erfüllt werden. Aber ein wenig mehr grundlegende Originalität und vor allem Flexibilität hinsichtlich der angesprochenen Struktur der Zwölfteiler hätte „Heliosphere 2265“ in diesem Abschnitt gut getan.
Auch der Umgang mit der Superintelligenz scheint fragwürdig. Die Idee ist es, eine ultimative selbst lernende Verteidigungsmaschine zu entwickeln. Warum müssen ihre menschliche Komponenten oder wie Andreas Suchanek schreibt Charakterbilder hinzugefügt werden?
Es bleiben zu viele Fragen offen und die nur stellenweise überzeugende Handlungsführung sollte im nächsten Roman überzeugend abgeschlossen werden. Vor allem müssen die vorhandenen stereotypen Schemata durchbrochen und neue Wege gefunden werden. „Vor dem Ende“ ist in mehrfacher Hinsicht der bislang schwächste Mittelband der bisherigen „Heliosphere 2265“ Serie.
- Format: Kindle Edition
- Dateigröße: 1743 KB
- Seitenzahl der Print-Ausgabe: 115 Seiten
- Verlag: Greenlight Press; Auflage: 1 (20. Februar 2017)
- Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
- Sprache: Deutsch
- ASIN: B01MRVLWLA