Perry Rhodan Planetenromane 73/74 "Die Festung der Raumfahrer" und "Die Katakomben der Besessenen"

Perry Rhodan Planetrenromane 73/74, Titelbild, Rezension
H.G. Ewers

Mit “Die Festung der Raumfahrer” (Perry Rhodan Planetenroman 34) und „Die Katakomben der Besessenen“ (Perry Rhodan Planetenromane 36) veröffentlicht der Zaubermond  Verlag zwei sehr frühere Abenteuer um Omar Hawk, den populärsten, aber nicht einzigen Oxtorner in der Perry Rhodan Serie.  Ein wenig unglücklich erscheint dabei, das das chronologisch dazwischen liegende Abenteuer „Jenseits von Zeit und Raum“ – als Perry Rhodan Planetenroman 359 viele Jahre später erst erschienen – unter den Tisch fällt. H.G. Ewers hat den chronologisch zweiten, publikationstechnisch aber dritten Roman genau in die dreijährige Lücke platziert, die er selbst kurz vor dem Ende von „Die Festung der Raumfahrer“ gesetzt hat.  Auch ohne diesen nachträglichen Abstecher bilden die beiden ursprünglich kurz hintereinander veröffentlichten Planetenroman durch die zahlreiche Querverweise und mit der Basis der Maarn sowie ihrer Technik im Grunde einen fortlaufenden Roman.

Eine wichtige Stärke der „Perry Rhodan Planetenromane“ ist seither gewesen, die Lücken in der fortlaufenden Heftromanserie zu schließen und vor allem die Lebensgeschichten populärer Charaktere vor- bzw. fortzuschreiben.  Ernst Vlcek hat das mit den Michael Rhodan Abenteuern genauso getan wie H.G. Francis mit den ersten Einsätzen des Smilers Tekener, Hanns Kneifel natürlich mit den Atlan Zeitabenteuern und H.G. Ewers im Grunde in die Zukunft blickend mit den Romanen um Guy Nelson und in die Vergangenheit schauend, in dem er die Karriere des Oxtorners Omar Hawk bis zu seinem ersten, schon charakterlich fertigen und von Rainer Nagel in seinem Nachwort zum ersten Buch klar umrissenen Auftritt beschrieben hat. Aber vor allem „die Festung der Raumfahrer“ ist viel mehr als nur der Anfang von Omar Hawks Karriere und seiner ersten Begegnung mit seinem späteren ewigen Begleiter Sherlock, einem Okrill.

H.G. Ewers hat vor allem in der ersten, sehr interessanten Hälfte des Romans die Besiedelung einer herausfordernden Welt beschrieben, die nur dank der genetischen Manipulation über insgesamt vier Generationen möglich gewesen ist.   Es ist immer schwer, eine Geschichte zu erzählen, deren Ende ja bekannt  ist, aber dank vieler Details und vor allem der Etablierung einer anfänglich so anderen diktatorisch orientierten politischen Struktur liest sich das Taschenbuch sehr flott.

Der Bogen beginnt mit dem Opfergang des ersten Offiziers Geoffrey Oxtorne, der das schwer beschädigte Siedlerschiff ILLEMA mit zwölftausend Kolonisten an Bord rettet. Sie landen auf einem Riesenplaneten mit der  extremen Schwerkraft von 4.8 g, starken Temperaturschwankungen, sich verändernden Luftdruck und vielen Stürmen.  Dank der Kosmo Genetiker werden die Überlebenden nach und nach an die Umwelt angepasst. H.G. Ewers beschreibt die Herausforderungen an kleinen Details wie dem ersten aufrechten Gang außerhalb der aufgestellten Unterkünfte über fünfzig Meter.

Als der Kontakt zu einem Explorerschiff des Solaren Imperiums nach einigen Generationen wieder hergestellt worden ist, lehnen die Oxtorner ab, auf einen anderen Planeten umgesiedelt zu werden.  Sie können zumindest die ANP Bakterie exportieren und so wichtige Rohstoffe und vor allem auch technische Geräte importieren. H.G. Ewers beschreibt die Gesellschaft in der kleinen Stadt als eine Art „1984“ Diktatur mit der Maschine, der Positronik als Heiratsvermittler aufgrund der genetischen Klassifizierung und einer Oligarchie der jeweils älteren Generation. Natürlich kommt es zu Konflikten mit den Kindern und der Tierpsychologe Omar Hawk wird zusammen mit einigen anderen jungen Menschen in die Verbannung geschickt.

Omar Hawk entschließt sich, zur Impenetrable Barrier, einem Gebirgszug, zu reisen, in dessen Ausläufern verschiedene Expeditionen verschwunden sind. Die intensivsten Passagen des alltäglichen Überlebenskampf beschreibt H.G. Ewers gleich zu Beginn der Expedition, wenn Omar Hawk mit seinen Getreuen an der unwirtlichen Natur zu scheitern droht. Der Autor gibt sich viel Mühe, einen wirklich fremdartigen Planeten zu beschreiben und einige Ideen erinnern an die Vorgehensweise Hal Clements, eines der besten Weltenbauer in der amerikanischen Science Fiction.

In der zweiten Hälfte zerfällt der Roman ein wenig. Unter dieser Schwäche leidet auch die Fortsetzung „Die Katakomben der Besessenen“.  H.G. Ewers packt mit den ambivalenten Maarn zu viele Ideen  in das Buch.

Im ersten Teil aus "Festung der Raumfahrer" geht es um die Entdeckung ihres Verstecks. Auch die Maarn sind auf dieser Welt notgelandet, haben sich aber in Konservierungstanks zurückgezogen. Im zweiten Buch wird diese Idee um einen Transmitter ergänzt, der später von anderen Maarn anscheinend gebaut und zurückgelassen worden ist, um die damals noch Schlafenden beim Erwachen in ihre Heimat zurückführen zu können. Omar Hawk soll durch den Transmitter gehen und die Heimatwelt der Maarn untersuchen, während auf Oxtorne und später in der unmittelbaren Umgebung eine besonders tödliche Seuche zu grassieren beginnt. Während Hawk in „Die Festung der Raumfahrer“ schließlich am Ende der Mission die bestehende politische Ordnung auf der Welt sogar umwerfen kann, greifen in „Die Katakomben der Besessenen“ eigentlich Feinde der Menschen hilfreich ein, um sowohl die Suche einzugrenzen als auch die im Grunde unmögliche Evakuierung von Oxtorne zu verhindern.  

Auch die Reise nach Maarn im zweiten Band mit den Wahnsinnigen in Käfigen und den goldenen Robotern, welche diese Welt kontrollieren, wirkt überdreht. Zu sehr verlässt sich Ewers auf die ambivalenten Kräfte Sherlocks, der mal auf der Vergangenheit Ereignisse extrapolieren kann, dann wieder mit spektakulären Aktionen eingreift.  Die grundsätzliche Auflösung im zweiten Band mit der seltsamen Symbiose zwischen Androiden und Einzellern ist voller Phantasie, auch wenn sich H.G. Ewers weder um biologische Grundregeln kümmert noch seine Einzelaktionen in dieser mit wachsender Geschwindigkeit ablaufender Reihenfolge logisch erscheinen. Aber unabhängig von dieser Schwäche galt Omar Hawk immer in der laufenden Erstauflage als Mann der Aktion und diesem Grundsatz wird Ewers in diesem Buch mehr als gerecht.            

Während am Ende des ersten Buches noch viele Fragen offen bleiben und Omar Hawk seiner Karriere im Rahmen der galaktischen Abwehr beginnt, seine Frau eine wichtige Regierungsposition auf Oxtorne übernimmt und schließlich die Kluft zwischen den Generationen geschlossen werden soll, wirkt das Ende von „Die Katakomben der Besessenen“ mit dem Eingriff von dritter Seite in letzter Sekunde deutlich konstruierter und damit auch schwieriger zu greifen. Die „Männer“ im Hintergrund sind schon im ersten Taschenbuch angedeutet worden und solche Pläne traut man ihnen auch zu. Ewers macht dann aber doch einen Rückzieher, in dem er die ganze Aktion als inoffiziell deklariert.  

Natürlich steht im Mittelpunkt der junge Omar Hawk und sein späteren Freund/ Begleiter der Okrill Sherlock.  Ewers gibt sich viel Mühe, den noch jungen ungestümen, aber schon aber Anführerfähigkeiten verfügenden Omar Hawk ausführlich zu charakterisieren, auch wenn manchmal ein wenig zu viel auf seine breite Schultern geladen wird und eine Teilung der Verantwortung bei einigen Aktionen alleine aus spannungstechnischen Gründen sehr sinnvoll gewesen wäre. Der populäre Okrill Sherlock übernimmt von Beginn an mit dem Füttern mit den proteinhaltigen Cavern Pilze eine wesentliche Rolle. Sidekicks sind in der Science Fiction immer populär gewesen. Alan Dean Foster hat den größten Teil seiner Karriere damit verbracht, die Verbindung zwischen einem jungen Waisen und seinem Minidrachen zu beschreiben. H.G. Ewers war einige Schritte schneller als der Amerikaner und viele der eher skurril wirkenden Ansätze mit dem Naseschlagen wirken humortechnisch ein wenig grob, passen aber sehr gut in die Handlung.

Neben dem inhaltlichen Auffüllen einer weiteren handlungstechnischen „Lücke“ beziehen die beiden hier gesammelten Romane vor allem ihren Reiz positiv wie negativ aus der Fülle von Ideen, die H.G. Ewers teilweise ein wenig unorthodox und überambitioniert, aber immer stets bemüht noch auf den letzten Seiten in den Handlungsverlauf zu quetschen sucht. Dadurch wirkt der Plotverlauf ein wenig uneben, aber die beiden sehr frühen Planetenromane sind unabhängig davon kraftvoll, enthusiastisch und vor allem ausgesprochen motiviert verfasst worden.  Rückblickend gehören die „Coming of Age“ Stories immer wieder und weiterhin zu den Höhepunkten der „Planetenromane“ und Omar Hawk ist eine der populärsten Nebenfiguren.  Rainer Nagel hat diesen sehr empfehlenswerten Doppelband, der durch die eigenständige Handlung über weite Strecken sich auch als Einstiegslektüre in die Erstauflage eignet, mit einer kurzen Zusammenfassung der wichtigsten anderen Oxtorner in seinem zweiten Nachwort zufriedenstellend abgeschlossen.   

 

www.zaubermond.de

Taschenbuch  342 Seiten

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