A Constant Alien

Catherine Schell

„Mondbasis Alpha 1“ Fans werden wie bei vielen Autobiographien prominenter Stars, die nur immer wieder das Genre gestreift haben, nach der Lektüre von „A Constant Alien“ eher enttäuscht sein. Obwohl wie Catherine Schell ohne Frage zu gibt, ihre Figur Maya aus der zweiten Staffel der populären britischen Science Fiction Serie unvergessen ist und ihr immer noch teilweise liebevoll gestaltete Fanpost beschert, sieht sie es nur als eine weitere Rolle an. Der Abschnitt über die Dreharbeiten der Serie und deren vor allem in den USA enttäuschende Außenwirkung nimmt nur wenige Seiten ein. Sie bedauert zwar, sich während der angenehmen Arbeiten auch mit ihren Costars keine Notizen gemacht zu haben, um weitere Anekdoten zu erzählen, aber dieses Bedauern wirkt eher wie eine oberflächliche Entschuldigung. Aus ihrem Leben kann die inzwischen in Frankreich lebende Schauspielerin sehr viele Fakten, Geschichten und Anekdoten erzählen. Das die fast ein Jahr andauernden Dreharbeiten nur diese wenigen Anmerkungen inklusiv des Hinweises auf die Wechselkurse und eine prozentuale Beteiligung am Verkauf der „Mondbasis Alpha 1“ Produkte wert ist, wirkt enttäuschend. Aber dieser Exkurs muss in Gesamtkontext der Biographie gesehen werden. Für Catherine Schell stellte anscheinend die Schauspielerei einen Beruf und nicht unbedingt eine Berufung dar. Vor allem eher im Mittelfeld honorartechnisch wie auch populistisch mit schwimmend sind die einzigen wirklichen Exkurse in den Bereich des Luxus die  Monate, die sie mit einem Freund aus der Finanzbranche verbracht hat. Sie geht zwar in diesem lesenswerten, aber auch sehr distanziert und vor allem stilistisch ausgesprochen einförmig geschriebenen Text immer wieder auf die unterschiedlichen Projekte ein, aber es spielt keine Rolle, ob es sich um eine kleine Nebenrolle in einem James Bond Film – „Im Geheimdienst ihrer Majestät“ – handelt, der auf nicht einmal einer Seite abgehandelt wird oder sie auf die Freundschaft zu Peter Sellers eingeht, mit welchem sie „The Return of the Pink Panther“ inszeniert hat.

Dabei kann Catherine Schell schon zwischen ihren Kinoprojekten und dem stürmischen Beginn in „Lana- Königin des Amazonas“ oder dem heute schwer zu sehenden Hammer Weltraumwestern „Moon Zero Two“ – dem widmet sie genauso viele Zeilen wie dem angesprochenen James Bond – sowie ernsthaften vor allem britischen Fernsehproduktionen unterscheiden. Der Tonfall wandelt sich auch. Euphorisch, naiv und ein wenig ausgenutzt wirken die improvisierten Dreharbeiten bei „Lana“ wie eine chaotische surrealistische Abenteuerreise, in deren Verlauf vor allem Leib und Leben gefährdet worden ist. Später geht sie auf die Unterbringung der Stars genauso ein wie die Zusammenarbeit an den Sets. Vielleicht wirkt deswegen auch der cineastische Auftakt ihrer Biographie lebhafter und der Leser kann sich förmlich vorstellen, wie es auch an den exotischen Drehorten bei diesen Low Budget Produktionen zugegangen sein muss. Wer die Filme einmal im Kino oder meistens VHS Cassette oder DVD gesehen hat, wird einige der von Catherine Schell angesprochenen  Klippen wieder erkennen. Wie einige Biographien mit einem künstlerischen Schwerpunkt in den sechziger und siebziger Jahren ist „A Constant Alien“ vor allem ein Blick hinter die inzwischen verschwundenen Kulissen der europäischen Co Produktionen, in denen in erster Linie Stars und Sternchen aus den einzelnen, Teile des Budgets aufbringenden Ländern zusammengesucht und vor die Kamera gestellt worden sind. Wer sich nicht so intensiv mit Catherine Schells Rollen über die „Maya“ aus „Mondbasis Alpha 1“ hinaus beschäftigt hat, wird vor allem vor ihren zahlreichen kleineren Rollen überrascht werden. Es ist schade und ein Manko dieser Autobiographie, das der Verlag „Fantom publishing“ nicht zumindest einen ergänzenden Index angefügt hat.

Es gibt nur wenige Hinweise auf Projekte, an denen sie nicht teilnehmen konnte. So verweist sie auf das Debüt Ridley Scotts „The Duelist“, ohne dem Film einen Namen zu geben. Bei anderen Filmen/ Fernsehserien spricht sie von den Schwierigkeiten, ihrer Agentin, sich durchzusetzen oder den langen Entscheidungswegen, ohne das der Leser mehr über die Hintergründe erfährt. Professionell, distanziert, ein wenig melancholisch, aber auch stolz über die geleistete Arbeit endet die Autobiographie auch mit ihrem Umzug nach Frankreich und dem Ende ihrer Schauspielerei kurz vor ihrem fünfzigsten Geburtstag. Sechzehn Jahre bevor dieses Buch erscheinen ist.

Der Titel ist ohne Frage doppeldeutig. Natürlich bezieht er sich auf ihre populärste Figur „Maya“, die außerirdische Gestaltwandlerin, die immer wie ein faszinierender Fremdkörper in der „Mondbasis Alpha 1“ Serie gewirkt hat. Die Vorfahrerin einer Reihe von vergleichbaren Figuren vor allem auch dem „Star Trek“ Universum der achtziger und neunziger Jahre. Aber der Titel bezieht sich auch auf ein trauriges europäisches Kapitel mitten im und nach dem Zweiten Weltkrieg.

Während des Krieges lebte Catherine Schell mit ihrer Familie adliger Herkunft in Ungarn. Einem Land, das auf der einen Seite eher verzweifelt versuchte, im Chaos des Krieges eine Neutralität zu wahren, auf der anderen Seite durch seine Lage mitten in Europa als Durchgangsstraße vor allem nationalsozialistischer Truppen mit der Billigung einer Minderheitsregierung missbraucht worden ist. Sie beschreibt die Zwangsrekrutierung des Vaters und das Überleben in dem mehr und mehr zusammenbrechenden Landes. Die Flucht nach dem Krieg aus Ungarn nach  Westeuropa und schließlich in die USA. Faszinierend ist, wie eng die ungarische Oberschicht zusammengehalten und welche Hilfe die Familie immer wieder erhalten  hat. Es wirkt wie eine immer oben mit schwimmende Elite, die sich in allen Ländern durchsetzen kann. Es sind die emotionalen Momente, die nicht nur Catherine Schell geprägt haben, sondern vor allem die erste Hälfte des Buches als zeithistorisches Dokument so lesenswert machen. Die schwierige Ehe ihrer Eltern mit einem aristokratischen, liebenswerten auch dickköpfigen Vater. Die schöne, von sich selbst überzeugte Mutter mit ihren zahlreichen Liebschaften und Lieben neben den eher mechanischen Pflichten ihrer Ehe in einer Zeit, in welcher Scheidungen noch nicht  opportun gewesen sind. Das Aufwachsen in München der frühen sechziger Jahre beginnend mit der strengen, fast klischeehaften schulischen Ausbildung in einer Nonnenschule – nur die lesbischen Anspielungen fehlen in dieser wahrscheinlich wahren, aber auch wie eine Aneinanderreihung von Klischees wirkenden Erzählung – und schließlich die wilden Jahre in München, wobei sich Catherine Schell vor allem im Vergleich zu manch anderen Exzessen populärer Stars sehr zurück gehalten hat.

Beginnend mit ihrer Arbeit als Schauspielerin dominieren diese beiden konträren Hälften. Auf der einen Seite immer wieder und immer stärker die Familie mit ihrem in die Psychiatrie eingelieferten Bruder und ihrem an Alzheimer leidenden Vater – beides ergreifende und aus vollem Herzen niedergeschriebene Passagen -, auf der anderen Seite die nüchterne Beschreibung ihres Berufs, der wirklich nur wie Arbeit erscheint. Abgerundet wird dieser Teil durch einige Liebesgeschichte unter anderem mit einem dominanten, zu Wutausbrüchen und Gewalt neigenden Mann; die Anziehungskraft älterer Mann, die immer wie Abbilder ihres Vaters erscheinen und schließlich das nicht einfache Kennen lernen eines natürlich älteren Mannes, mit dem sie ihren dritten Lebensabschnitt begonnen hat. Catherine Schell bemüht sich, diese Ereignisse nicht nur sachlich zu erzählen, sondern immer wieder die neutrale Position zu verlassen und den Leser mit einigen kecken, aber nicht immer gut platzierten Bemerkungen direkt in das Geschehen einzubeziehen.

 Durch diese Distanz wirken einige Abschnitte wie aus einem „normalen“ Roman, in dem ein Leben fiktiv erzählt wird. Es erscheint nicht übertrieben, aber auch nicht immer so aufregend, wie es die Autorin gerne sehen möchte. Natürlich lässt sich dieses Leben in wichtige Abschnitte – die Flucht, der Reifeprozess und schließlich der zeitlich begrenzte Ruhm – einteilen, aber damit tut man der Autorin Unrecht. Sie versucht mit ihrer langen persönlichen Auseinandersetzung auch ihr Leben zu ordnen und verschiedene Beziehungen klar zu definieren. Das sie einiges über ihrer sekundär erscheinende Arbeit vor der Kamera hinaus zu erzählen hat, steht außer Frage. Es ist ein zeitweise aufregendes Leben gewesen, dem sie immer wieder mit ruhigen Phase in ihrer eigenen Wohnung, aber einem festen Freundeskreis entgegen gesteuert hat. Ob sie sich wirklich immer als „constant Alien“ gefühlt hat, ist nach der Lektüre nicht klar zu erkennen. Wie Maya verfügt sie eher über die Fähigkeit, sich auf die unterschiedlichen Situationen einzustellen und entsprechend zu reagieren. Solange sie alleine handeln konnte und nicht immer eine glückliche Männerwahl ihr im Wege gestanden ist.   

Ein Dutzend gut ausgewählter Fotoseiten runden diese schön gestaltete, textlich ein wenig zu eng gesetzte Ausgabe ab. Wer sich ausschließlich mit Catherine Schell als Maya beschäftigt möchte, wird nach der Lektüre ohne Frage enttäuscht sein. In dieser Hinsicht hat die Autorin wenig zu sagen. Wer aber das Leben eines europäischen Flüchtlingskindes allerdings einschränkend nicht nur mit viel Glück, sondern besten familiären Beziehungen im Flickenteppich Europa nach dem Zweiten Weltkrieg aus erster Hand goutieren will, der liegt mit dieser ein wenig distanzierten und nicht immer an den richtigen Stellen tempotechnisch und emotional variierten Biographie nicht falsch.  

  • Hardcover  256 Seiten
  • Publisher: Fantom Films Limited (21 Mar. 2016)
  • Language: English
  • ISBN-10: 1781961611
  • ISBN-13: 978-1781961612
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