Cut me In

Cut me in, cover
Ed McBain

Der Roman erschien vor mehr als fünfzig Jahren unter einem Pseudonym von Ed McBain. Beginnend mit dem ironischen Titel hat der Leser das Gefühl, als wolle der Amerikaner auch den Literaturzirkus inklusiv der eher speichelleckenden Parasiten von Agenten auf den Arm nehmen. „Cut me in“ bezieht sich vor allem auf das Verhalten der Agentur Gilbert und Bake, die um ihren nicht gerade kleinen Anteil an Deals zu erhalten, durchaus auch mal Druck ausüben oder hinter den Kulissen ihren schwer einzuschätzenden Muskeln spielen lassen.

Josh Blake – einer der Partner – hat einen rabenschwarzen Tag. Er wacht neben einer hübschen Frau auf und kann sich nicht an ihren Namen erinnern noch weiß er wirklich, wie er mit ihr nach Hause gekommen ist. Aber die Katastrophen häufen sich. Im Büro wird er von einem Jungautoren mit seinem fast einhunderttausende Worte umfassenden Erstling drangsaliert. Seine Sekretärin erreicht er nicht. Als er im Büro seines Partners nach einem wichtigen Dokument aus dem Safe schauen möchte, findet er diesen ermordet vor. Aus dem Safe fehlt einer der wichtigsten Verträge mit einem Westernautoren namens Cam Stewart, der in einem persönlichen Brief der Agentur mitgeteilt hat, dass sie alle Radio und Fernsehrechte an ihrem Charakter besitzt. Ein wichtigster Hollywoodstudio möchte jetzt die Kinorechte erwerben und Blake sowie sein Partner Del Gilbert sehen darin die Chance, richtig viel Geld zu verdienen.

Kurze Zeit später wird Josh Blake vor dem Appartement der Sekretärin niedergeschlagen und die einzige Kopie des Vertrags gestohlen. McBain baut den Roman klassisch auf. Der eher ruhig und im Hintergrund agierende Polizist Sam Li Luca ist der festen Ansicht, dass Blake der Täter sein könnte. Viele Beweise zielen auch in die Richtung des Ich- Erzählers, der sich ja auch an die Nacht des ersten Mordes nicht wirklich erinnern kann. Er könnte vom Tod des Partners profitieren und das sich dessen Ehefrau auch an den anscheinend so männlichen, unwiderstehlichen Josh Blake heranmacht, zielt in die gleiche Richtung. Kurze Zeit später geschieht ein zweiter Mord. Ausgerechnet die Sekretärin, die an dem Arbeitstag zu spät gekommen ist und die Blake hinsichtlich des Vertrages in ihrer Wohnung besucht hat, wird ebenfalls ermordet aufgefunden. Die Polizei verhaftet Blake. Anstatt aber an dieser Stelle die Spannungsschraube noch weiter anzuziehen und vor allem den Plot weiter zu extrapolieren, entkommt der Protagonist relativ glimpflich dieser prekären Situation. Er macht sich weniger um den Mörder seines Partners zu finden, sondern die Kopie des Vertrages wieder in die Hände zu bekommen auf den Weg in die Wüste, um den Westernautoren Cam Stewart zu besuchen.

Hier präsentiert McBain eine weitere Überraschung. Er hält nicht viel von Hollywood im Allgemeinen und Agenten im Besonderen. Sie sind alle profitgierig und hinterhältig. Dass er einen um Grunde unsympathischen Antihelden in den Mittelpunkt seiner Geschichte stellt, ist nicht unbedingt mutig sondern für die Zeit typisch. Natürlich ist Blake in einem Haifischbecken voller schmieriger und rücksichtsloser Charaktere vielleicht noch der zugänglichste. Aber das die Frauen derartig auf ihn stehen, dass sie immer wieder sofort und ohne Reue mit ihm ins Bett gehen, erscheint konstruiert. Hinzu kommt, dass er kein klassisches Ehemannmaterial ist.  Damit die Handlung auf einigen Missverständnissen aufbauend weiter funktionieren kann, erweitert McBain die Mordermittlungen um zwei Komponenten. Da wäre der Jungautor, der immer wieder auf der „Bühne“ erscheint und der typische opportunistische Verlierer ist, der seine Chance am Schopf packt und brutal zugreift, sowie der Hollywoodagent, dem Blake ordentlich mitspielt und ihn schwimmen lässt. Während Blake gegenüber dem Autoren seine Macht spielen lässt und dabei „scheitert“,  verführt ihn den Agent durch zwei nette Herren zu einem Abend voller Alkohol und Kartenspielen, bei dem er eine wichtige und wahrscheinlich heiße Party verpasst. Aber Mord wegen eines Vertrages passt nicht zu deren Vorgehensweisen.

Kurz vor Ende des Buches mit nur noch wenigen Verdächtigen und vor allem einem Attentat auf Blake bleibt im Grunde nur noch ein Verdächtiger übrig und Mcbain muss den Faktor Zufall spielen lassen, um den Plot zu einem zufriedenstellenden Abschluss zu führen. Dabei bewegt er sich auf einem eher schmalen Grat, denn die Erwartungshaltung der Leser ist eine andere und aus dem Hintergrund einen gänzlich anderen, eher simplen Plot hervorzuzaubern kann nicht jeder. Dabei wimmelt der Text von entsprechenden Hinweisen, beginnend bei den Äußerungen der Polizisten hinsichtlich der meisten Motive bei Morden.    

Es ist der Weg dahin, der gut unterhält. Neben den überwiegend unsympathischen, aber verfolgenswerten Charakteren sind es die einzelne Episoden mit der überraschenden Begegnung auf der „Gunsmoke“ Farm – der Roman entstand, bevor der Name durch die Fernsehserie so populär geworden ist – bis zu den Diskussionen im Büro, die sich wie ein roter Faden mit einem variierenden Amüsierfaktor durch das Buch ziehen. Das alle Frauen willig und heiß in mehrfacher Hinsicht sind, gehört zu den Machoeigenschaften der in erster Linie für ein männliches Publikum verfassten Feierabendromane, die schnell und relativ einfach herunter zu lesen sein sollten.  Blake lebt an sich ein angenehmes Leben, in das in verschiedener Hinsicht Unruhe eintritt. Am Ende ist er der moralische Sieger und es schließt sich sogar ein Kreis. Dabei wird der eigentliche Kriminalfall eher als eine Art Alibi für das Durcheinander genommen, das durch den Filmdeal, die Chance des monetären Lebens in der Kanzlei herrscht. Wenn am Ende der Leser vielleicht kriminaltechnisch unbefriedigt geblieben ist, wird er durch McBain von satirischen Untertönen durchdrungenen, sehr angenehm zu lesenden Stil; seine pointierten Dialoge und schließlich auch wie mehrfach erwähnt exzentrisch gezeichneten Figuren entschädigt.     

 Zusätzlich findet sich eine Kurzgeschichte “Now Die In It” um den inzwischen lizenzlosen Privatdetektiv Matt Cordell in dieser Sammlung. Hardcasecrime hat schon den Roman „The Gutter and the Grave“ mit ihm veröffentlicht. Der Plot ist sehr stringent. Ein Freund bittet ihn, den potentiellen Vater der kleinen Schwester seiner Frau zu suchen. Kurze Zeit wird das Mädchen ermordet aufgefunden. Matt Cordell fragt sich eher anstatt zu ermitteln durch die Vorstadt. Er lernt eine sehr offenherzige attraktive Bardame kennen und findet die dunkle, aber einzig logische Lösung durch einen Zufall. Solide geschrieben mit dem sich langsam aus seinem persönlichen emotionalen Tief herausarbeitenden Matt Cordell als für das Genre so typische coole Hauptfigur. 

 

 

 

 

  • Taschenbuch: 240 Seiten
  • Verlag: Hard Case Crime (12. Januar 2016)
  • Sprache: Englisch
  • ISBN-10: 1783294450
  • ISBN-13: 978-1783294459
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