
Dirk van den Boom
Dirk van den Booms Fortsetzung zu “Ein Lord zu Tulivar” – das Ende suggeriert einen weiteren Teil mit einer Expedition in den Norden des unwirtlichen Landes – ist ein zweischneidiges Schwert. Im ersten Teil hat er bewiesen, dass er ausgehend von einer interessant aufgebauten Welt mit einem müden Krieger eine lesenswerte Geschichte auf einem erstaunlich hohen und stilistisch auch in sich geschlossenen Niveau ohne die nicht selten bei ihm zu findenden übertriebenen Wortspielereien schreiben kann. Viele dieser Punkte treffen auch auf die Fortsetzung „Ein Prinz zu Tulivar“ zu, auch wenn der Saarbrücker Autor unglaublich viel Potential verschenkt und zum wiederholten Mal überdeutlich unterstreicht, dass es sinnvoll wäre, die Produktion ein wenig zurückzufahren und die nicht uninteressanten Projekte ein wenig einfallsreicher zu gestalten.
Nach ungefähr achtzig Seiten kommt der Plot zum Stillstand. Der anfänglich dominante Handlungsstrang um den arroganten Zögling des Kaisers, auf den der Ich- Erzähler aufpassen soll, endet mit dem ersten Hauch der Erkenntnis in dem jungen Lejan, das Regieren nicht nur das Ausüben von Macht ist, sondern mit dem Übernehmen von Verantwortung gleichzusetzen ist. Bis zu diesem Augenblick verläuft die Handlung ausgesprochen geradlinig bis leider auch ein wenig klischeehaft. Der Lord zu Tulivar hat es sich vor allem nach den turbulenten Ereignissen von vor drei Jahren in seinem nördlichen kleinen Reich bequem gemacht. Die Infrastruktur des Reiches konnte dank der Goldfunde ausgebaut werden, es gibt inzwischen einen rudimentären Handel und man gönnt sich neben einem Weinchen auch ein wenig die Muße, abseits der großen Politik leben zu können. In diese natürlich nicht anhaltende Oase der Langeweile schickt der Kaiser seinen inzwischen dreizehn Jahre alten Sohn. Lejan ist all das, was man sich nicht wünscht. Arrogant, selbstverliebt, verwöhnt, egoistisch und pubertierend. Schnell wird klar, dass hier nur das Leben den Jungen erziehen kann.
Nach ungefähr achtzig Seiten kommt der Plot zum Stillstand. Der anfänglich dominante Handlungsstrang um den arroganten Zögling des Kaisers, auf den der Ich- Erzähler aufpassen soll, endet mit dem ersten Hauch der Erkenntnis in dem jungen Lejan, das Regieren nicht nur das Ausüben von Macht ist, sondern mit dem Übernehmen von Verantwortung gleichzusetzen ist. Bis zu diesem Augenblick verläuft die Handlung ausgesprochen geradlinig bis leider auch ein wenig klischeehaft. Der Lord zu Tulivar hat es sich vor allem nach den turbulenten Ereignissen von vor drei Jahren in seinem nördlichen kleinen Reich bequem gemacht. Die Infrastruktur des Reiches konnte dank der Goldfunde ausgebaut werden, es gibt inzwischen einen rudimentären Handel und man gönnt sich neben einem Weinchen auch ein wenig die Muße, abseits der großen Politik leben zu können. In diese natürlich nicht anhaltende Oase der Langeweile schickt der Kaiser seinen inzwischen dreizehn Jahre alten Sohn. Lejan ist all das, was man sich nicht wünscht. Arrogant, selbstverliebt, verwöhnt, egoistisch und pubertierend. Schnell wird klar, dass hier nur das Leben den Jungen erziehen kann.
Als während eines Jagdausflug Lejan, der alte Krieger Jordin und der Lord zu Tulivar angegriffen werden, zerbricht zum ersten Mal diese natürlich aufgesetzte Fassade des Jungen und ein wenig Menschlichkeit dringt ihn sein Herz ein. Dirk van den Boom nutzt die Chance, um Lejan stellvertretend für den Leser die ersten Kapital von weiser Machtausübung noch einmal ans Herz zu legen. Die Menschen leiten, aber nicht leiden lassen. Ihr Vertrauen zu gewinnen und trotz der Position des Befehlshabers ihnen die Möglichkeit zu geben, diesen einen Schritt weiter zu gehen. Diese Coming of Age Geschichte inklusiv der relativ schnell dank zahlloser Beispiele in Lejan wachsenden Erkenntnis, dass der Lord von Tulivar mit seinen seltsamen Freunden ein besserer Herrscher als der eigene Vater ist wird von Dirk van den Boom relativ simpel, den engen Leitplanken des Jugendbuches folgend erzählt. Echte Überraschungen gibt es nicht. Subversiv und vielleicht auch für den Leser überraschend hätte er die vermittelten Erkenntnisse – natürlich reagieren alle Hofangestellten des Kaisers sehr überrascht auf die kleinen und großen Veränderungen in dem bislang unerträglichen und ungezogenen Balg – nicht so zuckersüß, so klischeehaft beschreiben sollen. Vielleicht wäre es sinnvoller gewesen, diese Erziehungsgeschichte in eine gänzlich andere Richtung zu lenken.
Am Ende stellt sich heraus, dass Lejan vielleicht dem Lord zu Tulivar auch nur um den nicht vorhandenen Bart geschmiert hat oder das er der Ansicht ist, mit der natürlich falschen Art und Weise seines Vaters weiter zu kommen. Es gibt unzählige Möglichkeiten und Wege, die Dirk van den Boom wahrscheinlich noch in den Fortsetzungen beschreiten kann, aber der grundlegende rote Faden dieses Romans besteht auch bekannten Szenarien. Natürlich ist es nicht der erste Anschlag auf das Leben des Thronfolgers, sondern beginnend mit dessen zweiten Lebensjahr der vierte. Die Feinde haben ein großes Interesse, den Jungen verschwinden zu lassen, wobei sie mit dem Lord zu Tulivar aus verschiedenen Gründen auch eine Unbekannte in den Ränkespielen der Macht ausschalten können. Mit der Rückkehr des Jungen in Richtung Hof entwickelt sich der Handlungsbogen vielschichtiger und nuancierter. Schon der erste im Buch beschriebene Anschlag ist komplizierter als auf den ersten Blick beschrieben und die Verflechtung von alter Magie – wie gut, dass der Lord mit der „alten Netty“ eine belehrende wie bei Bedarf auch attraktive Allzweckwaffe als Freund hat – und politischen Ränkespielen ist zumindest gut geplant worden. Dabei verfügen die beiden Interessengruppen allerdings über zu „ähnliche“ Waffen mit der „Übernahme“ ganzer Persönlichkeiten. Alleine Netty Gefängnisbefreiungsversuch ragt in dieser Hinsicht aus dem Roman heraus. Immer wenn Dirk van den Boom sich auf das politisch diplomatische Parkett bewegt, beginnen seine Romane eine positive Eigendynamik zu entwickeln. Wahrscheinlich liegt es in seinen beruflichen Erfahrungen begründet, dass er subversiv pointiert die Etikette der Diplomatie als Farce entlarvt und Freunde zu Feinden sowie anders herum macht. Einige aus dem ersten Buch bekannte Protagonisten erscheinen dabei positiv in einem gänzlich anderen Licht und wer „Ein Lord zu Tulivar“ aufmerksam gelesen hat, wird wie der Ich- Erzähler lange dem falschen Weg folgen, den Dirk van den Boom geschickt ausgelegt hat. Von der Struktur her wirkt allerdings „Ein Prinz zu Tulivar“ nicht ausgereift genug. Anfänglich nimmt sich der Autor sehr viel berechtigte Zeit, um den Leser einzustimmen. Natürlich ist sein Ich- Erzähler nun ein Mann in den besten Jahren, der seine militärische Zeit überlebt hat. Tulivar selbst mit seinen Eigenheiten stand am Ende des ersten Bandes der Serie im Mittelpunkt, jetzt werden nur einige Fakten ergänzt. Der unfreiwillige Besuch des jungen Prinzen wird in erster Linie mittels gut geschriebener Dialoge vorbereitet. Kaum ist wie schon erwähnt dieser Handlungsarm abgeschlossen, nimmt der Mittelteil sich ausreichend Zeit, um die Protagonisten neu zu positionieren und vor allem das angesprochen Finale vorzubereiten.
Die Handlung wird von Tulivar in das benachbarte Königreich verlegt, was positiv wie negativ ist. Das ungewöhnliche Ambiente mit einer eher mittelalterlichen Provinz auszutauschen, birgt nicht viele Vorteile. Im letzten Drittel des Buches überschlagen sich auch durch die indirekte Konfrontation der magischen Kräfte die Ereignisse und der Showdown wirkt zu hektisch. Allerdings präsentiert Dirk van den Boom eine solide Erklärung für die Ereignisse mit einem stark konstruierten Langzeitplan, der offen gesprochen an einigen Stellen der Idee eines Romans geschuldet ist. Effektive Attentäter und vor allem an den eigenen Interessen interessierte Gruppen hätten das Risiko einer Wild Card nicht auf sich genommen und angesichts ihres beträchtlichen Potentials hätten sie den Störfaktor Lejan viel früher ausschalten können und wahrscheinlich auch müssen. Zusammengefasst ist „Ein Prinz zu Tulivar“ eine solide, aber nicht wie der erste Band in sich inspirierte Fortsetzung einer Potential beinhaltenden Fantasy- Serie. Dirk van den Boom macht dabei nicht den Fehler, die schwindende Magie des Landes und damit auch die mächtigen Magier mit ihren allerdings ambivalenten und nicht alles umfassenden Zaubersprüche inflationär einzusetzen. Mit Netty hat der Lord zu Tulivar durch ihre Verbindung zum Land, zu den Tieren eine Geheimwaffe im Köcher. Im Epilog kann Dirk van den Boom der Versuchung nicht widerstehen, Leser und Ich- Erzähler einen Moment an der Nase herumzuführen.
Es ist schade, dass mit der Lebenserziehung des zukünftigen Thronfolgers ein wichtiger Handlungsteil eher aus Versatzstücken besteht. Hier hat Dirk van den Boom zu wenig eigene Ideen investiert, auch wenn er in der zweiten Hälfte den Bogen bekommt und die Handlung durch das komplizierte, herausfordernde, aber auch interessante Ränkespiel in Originelle bahnen führt. Am Ende fühlt sich der Leser gut unterhalten, auch wenn der erste Roman der Serie deutlich origineller und vor allem unterhaltsamer auf der handlungstechnische Ebene gewesen ist. Hinsichtlich der Zeichnung der Figuren hat sich Dirk van den Boom in diesem zweiten Teil allerdings sehr viel Mühe gegeben, diese lebensecht und nicht überdimensional zu vermenschlichen. Vielleicht überspannt er ein wenig den Bogen, wenn der in mehrfacher Hinsicht satte Lord sich immer wieder „stöhnend“ das Zwiegespräch mit seinen unsichtbaren Beobachtern – den Lesern – suchend aufraffen muss.
Atlantis Verlag
Titelbild: Tony Andreas Rudolph
A5 Paperback, ca. 230 Seiten, ISBN 978-3-86402-236-4
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