Das 45. Abenteuer der „Heliosphere 2265“ Serie ist ein Griff weit in die Vergangenheit und gleichzeitig ein Ausblick auf die kommende Trilogie, mit welcher Andreas Suchanek das erste halbe Hundert seiner Serie abschließen möchte.
Nachdem im Vorgängerroman schon die Klonsoldaten angegriffen und sobald die Zünder betätigt werden auch kampfunfähig gemacht werden können, versucht die „Hyperion“ noch eine andere perfide Waffe des paranoiden Sjöbergs auszuschalten: die Killchips, mit welchen er seine Offiziere unter Kontrolle hält. Jaydon Cross ist wieder als Einzelgänger unterwegs. Auf dieser Handlungsebene kann der Autor aus der Vergangenheit einige schockierende Fakten heraufholen, wobei Andreas Suchanek beim Entwickeln der einzelnen Herausforderungen und Gefahr mehr pervers detaillierte Freude empfunden und Spannung verbreitet hat als bei der abschließenden Bekämpfung.
Auch wenn Sjöberg wieder keinen wichtigen Auftritt hat, ist es wichtig immer wieder festzustellen, dass die Figur in den letzten Romanen deutlich gelitten hat. Seine arrogante Überlegenheit gekoppelt mit einer minutiösen Planung hat Sjöberg als eine potentiell weitere Marionette in diesem politischen Geflecht verloren. Immer wieder hat der Imperator plötzlich Leichtsinnsfehler begangen. Dieses Manko konnte der Autor nicht ausschalten. Daher erscheint es fast unwahrscheinlich, dass Sjöberg angesichts der Atempause hinsichtlich der Angriffe der Ash´ Gul`Kon den eigenen Machtbereich nicht besser absichern lässt und viel vorsichtiger agiert.
Kirby und ihre Kameraden auf der anderen geheimen Mission haben noch nicht den Mars erreicht. Spätestens wenn sie den roten Planeten betreten sollte, wäre es angebracht, sein Wissen über die erste „Heliosphere 2265“ Miniserie aufzufrischen, da zumindest hinsichtlich der politischen Implikationen ein wenig tiefer in die Vergangenheit gegriffen wird. An Bord eines der Flagschiffe des Imperiums erleben sie, dass die „vernichtete geglaubte Zeitlinie“ zumindest rudimentär nicht nur weiter aktiv ist, sondern einen ihrer Schöpfer am Leben erhalten hat. Die Begegnung mit diesem längst tot geglaubten Charakter ist eine echte Überraschung.
Das Spiegeluniversum Imperium wäre wahrscheinlich auch pragmatisch bereit, mit den Ash´Gul`Kon zusammenzuarbeiten, um die Galaxis zu unterjochen. Auch wenn diese Idee eher den „Mirror“ Folgen des „Star Trek“ Universums entspricht, bleiben Zweifel an dieser auf den ersten Blick natürlich bedrohlichen These übrig. Auch wenn Sjöberg und seine Hintermänner sich manchmal wie Narren verhalten haben, denken sie auch streng logisch. Eine Allianz mit den Ash´Gul`Kon wäre von kurzer Dauer, da diese auch nach dem Imperium greifen würden. Aber in diesem Moment während des immer wieder angekündigten Zyklusfinales ist der Blick in das Spiegeluniversum überraschend und effektiv zugleich. Andreas Suchanek hat sich inzwischen einen ausreichenden Hintergrund aufgebaut, um diese Facetten an überraschenden Stellen einfließen zu lassen.
Wie bei einigen anderen Handlungselementen scheint der Autor aber nur mit den Ideen zu spielen und sie gegeneinander zu stellen. Sie haben keine entscheidenden Folgen. Es werden einzelne Informationen eingesammelt und langsam fügt sich ein weiteres Mosaik zusammen. Immer wenn Cross oder Kirby - ihre Demaskierung ist köstlich und zeigt, dass die Feinde nicht gänzlich betriebsblind sind - aktiv handeln und nicht von den Superintelligenzen und ihrer Quadratur des Kreises Diskussion aufgehalten werden, verfügt „Heliosphere 2265“ nicht nur über das notwendige Tempo, sondern vor allem auch spannende Momente. Manche Szenen löst der Autor viel zu schnell, fast hektisch auf, während er in den ersten beiden Zwölferzyklen mehr innere Ruhe und vor allem eine deutlich stärkere Zielstrebigkeit aufgewiesen hat.
Zusammengefasst führt „Der verlorene Mond“ den qualitativen Anstieg des Vorgängerbandes weiter. Wichtig ist, dass das Heft des Handelns auf beiden Seiten der jeweiligen Fronten bei den agierenden An- und Protagonisten bleibt. Aus diesen Ideen bezog die Serie zu Beginn ihre Spannung. Herausforderungen sollten ein wenig stärker herausgearbeitet werden und die Lösungen komplizierter/ komplexer präsentiert werden. In diesem Punkt fällt es den Rebellen zumindest bislang erkennbar zu leicht, die gigantische Maschine des Imperiums zumindest zum Stoppen zu bringen. Auch halten sich ja die Ash´Gul `Kon plötzlich zurück, weil sie mit der künstlichen Intelligenz zu tun haben. Auch diese Atempause scheint ein wenig konstruiert.
Es bleibt abzuwarten, ob Andreas Suchanek seine Versprechungen im Nachwort einhalten kann, aber die auffälligen Schwächen im mittleren Abschnitt dieser Miniserie beginnt er auf jeden Fall zu glätten, so dass „Heliosphere 2265“ qualitativ wieder überzeugt.
- Format: Kindle Edition
- Dateigröße: 1658 KB
- Seitenzahl der Print-Ausgabe: 121 Seiten
- Verlag: Greenlight Press; Auflage: 1 (9. August 2017)
- Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
- Sprache: Deutsch
- ASIN: B074PXFXZJ