Kritik zu The Dead Don’t Die - Die Hipsterzombies kommen!

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The Dead Don't Die

Im abgelegenen Städtchen Centerville, irgendwo in den USA, geht neuerdings etwas Merkwürdiges vor sich: Erst sind sämtliche Funkverbindungen und Satellitensignale hinüber, dann greifen zahlreiche Haustiere ihre Besitzer an oder verschwinden spurlos. Schließlich bemerken die Bewohner, dass es nicht mehr dunkel zu werden scheint - und alle Welt plötzlich verrückt spielt. Die Dorfpolizisten Cliff (Bill Murray), Mindy (Chloe Sevigny) und Ronnie (Adam Driver) sehen dem Treiben in der Stadt mit lakonischer Trägheit zu - bis sich plötzlich die Toten aus ihren Gräbern erheben.

Auch die Bestatterin Zelda (Tilda Swinton) hat so ihre Probleme mit den Untoten: Die Leichen, die bei ihr auf dem Tisch liegen, wollen schlicht nicht stillhalten beim Präparieren. Der Verkäufer Bobby Wiggins (Caleb Landry Jones) ist derweil eher von aufdringlichen Touristen genervt, unter ihnen die vorlaute Zoe (Selena Gomez). Und was hat das Ganze mit dem Obdachlosen Bob (Tom Waits) zu tun, der den Angriff der Zombiehorden bereits vorausgesagt hat?

Staraufgebot a la Jarmusch: Happy Zombie

Eine Jarmusch-Produktion bietet gewohnt viel fürs Fan-Auge. Denn wer das Oevre von Regisseur Jim Jarmusch kennt, der weiß, dass sich hier die Creme de la Creme der Indiefilm-Szene die Klinke in die Hand gibt. Neben den Dauerbesetzungs-Kandidaten Bill Murray, Tom Waits, Iggy Pop und Steve Buscemi haben es längst auch Tilda Swinton, Chloe Sevigny, Adam Driver und einige mehr auf Jarmuschs Lieblings-Besetzungsliste geschafft. So bietet auch The Dead Don't Die ein gehöriges Staraufgebot. Hier können neben den beiden Hauptdarstellern Driver und Murray vor allem Tilda Swinton und Caleb Landry Jones überzeugen.

Wie gewohnt, setzt Jarmusch eher auf episodenhafte Szenen statt auf einen durchgehenden Handlungsstrang, um die etwas eigenwilligen Bewohner von Centerville und ihre Begegnung mit den Untoten in Szene zu setzen. Jarmusch macht aus seiner Bewunderung für Zombie-Klassiker wie jene aus der Feder von George A. Romero keinen Hehl.

The Dead Don't Die

Sie kommen aus der Hölle, denn da gibt es viel zu viele

Allerdings dürfte die Machart von Jarmuschs Filmen ebenso Geschmackssache sein wie der ihnen eigene, verschrobene Humor. Jarmuschs Figuren wirken ohnehin oft etwas theaterhaft und entrückt, sodass die Metaebene ihres Daseins förmlich aus der Leinwand herausragt. Was jedoch bei Episodenfilmen wie Coffee and Cigarettes angenehm schräg und charmant wirkte, wird bei The Dead Don't Die eher zu einem Pferdefuß. Nur wenige der Hollywood-Größen haben durch Jarmuschs typische Note die Möglichkeit, mit ihrer Figur Eins auf der Leinwand zu werden.

Vielmehr hat Jarmusch bei The Dead Don't Die enorme Probleme, ein Tempo zu finden, dass der eigentlich ja recht bedrohlichen Situation eines Zombieangriffs gerecht wird. Kurz: Viele Szenen schleppen sich geradezu dahin. Zusätzlich zitiert Jarmusch die zu oft gesehenen Zombiefilm-Klischees und garniert sie mit eher schal wirkenden Sprüchen, deren Pointen nur relativ selten zünden. Woran das liegt, kann nur spekuliert werden, denn die Grundzutaten stimmen eigentlich. Sogar die Details wie liebevoll gestaltete Schilder mit lakonischen Sprüchen dürften wenigstens für ein leichtes Zucken der Mundwinkel sorgen.

The Dead Don't Die

Zu spät für Zombocalypse?

Vielleicht hat Jarmusch jedoch schlicht den Zeitpunkt für eine Indie-Zombiekomödie verpasst. Mit Serien wie The Walking Dead, wo schon länger die Luft raus ist, scheint der Zombie-Hype schon um einige Jahre überschritten. Auch ein Regisseur wie Jim Jarmusch kann bekannten Indie-Perlen mit Zombie-Humor wie Shaun of the Dead (2004), Zombieland (2009), Cargo (2017) oder gar Cabin in the Woods (2011) wenig bis nichts hinzufügen. Vielmehr fragt sich der Zuschauer, wieso nun auch die typischen Jarmusch-Figuren den Untoten ausgesetzt werden müssten. Antwort: Weil Jarmusch es kann. Oder eben nicht. Eine Erklärung zur Zombocalypse gibt der Film zwar am Ende ab - wie viel Sinn die Storyline jedoch ergibt, darf gerne in den Kommentaren diskutiert werden.

Auch die Prämisse, weshalb es überhaupt zu der Zombie-Katastrophe kommt, ist eine kaum verklausulierte Kritik an der US-Regierung, die nur wenig elegant, dafür umso plumper daherkommen. Mit dem sogenannten "Polar Fracking" soll die Erdrotation aufgehalten worden sein, sodass der blaue Ball ab sofort stillsteht. Was das für die Vegetation und das Klima bedeutet, werde von der Regierung kurzerhand beiseite gewischt.

Stattdessen verkündet eine Radiostimme, dass selbstverständlich alles in Ordnung sei, man habe die Situation unter Kontrolle. Steve Buscemi, der als rotbemützter Trump-Anhänger über "die da oben" wettert und hinter jeder Ecke Verschwörungen vermutet, setzt dem Ganzen noch die Krone auf. Das ist kein feiner Humor mit politischen Spitzen mehr, das ist ein regelrechter Humor-Panzer. Aber vielleicht muss man in der Indie-Filmwelt mittlerweile ebenso laut sein wie die, gegen die man mit seiner Kunst ankämpft.

The Dead Don't Die

Fazit: Wenn ich ein Zombie wär

Mit The Dead Don't Die hat Jim Jarmusch einen deutlich verspäteten und verblüffend schlappen Beitrag zu der Kategorie Zombie-Komödie geleistet. Fans dürften sich sicherlich über die Ansammlung an Szenen freuen, in denen die Jarmusch-Allstars aufspielen. Etwas Neues oder Spannendes bietet der Macher jedoch eher nicht. Für einen Jarmusch-Nachmittag auf der Couch dürfte The Dead Don't Die jedoch ein paar unterhaltsame Szenen bieten.

zusätzlicher Bildnachweis: 
© Universal Pictures

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