„Mit dieser Waffe“ setzt die Abenteuer der überlebenden „Mishima“ Crew in einem auf der einen Seite fremden – Außerirdische haben die Menschen zu den
Sternen geführt und gleichzeitig sie beim Auftauchen eines „Zombie“ Virus auf der Erde isoliert – und dann auf der anderen Seite auch wieder seltsam vertrauten – die Außerirdischen wirken mit ihrem Auftreten im zweiten hier vorliegenden Band exotisch und bekannt zu gleich – Universum fort. Da Claudia Kern die ersten sechs Teile der Geschichte als einen Roman mit einem Spannungsbogen konzipiert hat, ist es unerlässlich, den Auftaktband „Und dann töten sie“ zu erst zu lesen.
Konnte man positiv „Und dann töten sie“ als eine unterhaltsame Mischung aus Alien und Romeros „Dawn of the Dead“ betrachten, erinnert der vorliegende zweite Teil deutlich mehr als eine dunkle „Star Trek“ /“Deep Space Nine“ Variante mit Anflügen an die im Grunde absurde Heldenromantik der „Star Wars“ Filme.
Die T.S. Eliot mit dem seltsamen Kapitän Auckland, der anscheinend das Raumschiff auch eher übernommen hat, fliegt den nächsten „Jockey“ Stützpunkt an. Abfällig „Zoo“ Station genannt leben an Bord dieser Basen in den Tiefen des Raums Außerirdische, die sich in ständiger Symbiose aussehenstechnisch mit den assimilierten Mitgliedern anderer Rassen verändern. Neben Haien – die Wächter – finden sich unter anderem auch Wölfe oder Pferde an Bord der Station. Diese menschlichen Begriffe für die Fremden schränken die Phantasie der Leser ein wenig ein. Es fehlen die wirklich exotischen Rassen, da – wie sie schnell herausstellt – die Menschen im Grunde nur noch eine untergeordnete Sklavenrolle in diesem Universum spielen. Auckland möchte seine unfreiwilligen Passagiere loswerden. In einer der unterhaltsamsten Szenen des ganzen Romans versucht sich das Team der „Mishima“ bei einem Broker, einem Headhunter für ein anderer Schiff zu verkaufen. Da die Menschen als Gruppe uneinsichtig, aggressiv und aufrührerisch sind, kommt eine Leiharbeit für ein ganzes Team nicht in Frage. Pointiert und hintergründig beschreibt Claudia Kern diese Szene.
In der zweiten Hälfte des Romans nach einer vielleicht ein wenig zu langen Eingangssequenz verbindet die Autorin zwei Handlungsstränge. Die Besatzung der „Mishima“ sieht ihre Fälle davon schwimmen. Sie können nicht vermittelt werden, wollen auch nicht an Bord der Station bleiben. Die einzige Fluchtmöglichkeit wäre die „T.S. Eliot“ von Auckland, der sie zur Station gebracht gleichzeitig. Gleichzeitig droht ein Aufstand der Menschen im Sektor „Kalkutta“, die in Anlehnung an die Parolen der französischen Revolution auch Zugang zum Internet verlangen. Wie im Auftaktroman mit Querverweisen zu Wikipedia nutzt Claudia Kern das W-Lan wie auch das „klassische“ Internet sehr viel intensiver als andere Autoren. Dadurch wirkt ihr Szenario manchmal wenig futuristisch und sehr zu viel zugänglicher, sie kann aber ihre Protagonisten mit einfachen Klicken und Suchsystemen überzeugender aus brenzligen Situationen retten.
Während sich „Und dann töten sie“ wie schon angesprochen auf die „Zombies“ konzentrierte und die einzelnen Figuren nachvollziehbar charakterisierte, liegt der Fokus des zweiten Romans mehr auf einer Ausarbeitung des Hintergrunds. Dabei überzeugt die fremde „Jockey“ Rassen mit ihren für die Menschen schikanösen, aber dem gegenwärtigen Leser teilweise nicht unvertrauten Gesetzen – siehe die Hungerlöhne oder die Kasernierung – ohne das Claudia Kern die subjektive Erzählperspektive der „Mishima“ Besatzung verlassen muss. Mancher Dialog könnte aus der Gegenwart stammen. Die zynisch bissigen Bemerkungen sind humorvoll und pointiert. Die Beschreibungen der Fremden bizarr und provokant zugleich. Dagegen entwickeln sich die Menschen nicht weiter. Die Eckpunkte hat Claudia Kern im ersten Band schon gesetzt. Da sie wie in „Und dann töten sie“ auf die Ereignisse nur reagieren können und manche Rettungsaktion absichtlich eine Mischung aus „MacGuyver“ und „Star Trek“ ist, fällt diese fehlende Weiterentwicklung nicht stärker ins Gewicht. Wichtig ist nur, dass sie als Team überleben wollen und im Grunde in diesem feindlichen Universum auch gemeinsam überleben müssen.
Schon im ersten Band hat Claudia Kern bewiesen, dass ihre Helden auch sterben können. Natürlich ist der Tod in einem Universum voll lebender Tote ein relativer Begriff. Da die Besatzung der „Mishima“ zumindest um ein Mitglied reduziert worden ist, erhöht ohne Frage die Spannung in der zweiten, sehr viel stringenter und mit höherem Tempo ausgestatten zweiten Hälfte des Romans. Neben dem ausbrechenden Aufstand müssen die Besatzungsmitglieder immer dringlicher ein Schiff finden und selbst hier stellen sich ihnen Widerstände in den Weg. Am Ende des Romans wird zumindest ein Teilerfolg errungen, der den Fortgang der Geschichte offen und interessant hält. Auf einen typischen Cliffhangar verzichtet die Autorin.
„Mit dieser Waffe“ – der Titel ist ein wenig provokativ, da viele Waffen eine Rolle spielen – wirkt sehr viel differenzierter aufgebaut und durch den originellen Hintergrund sehr viel eigenständiger konzipiert als die im positiven Sinne respektlos erdachte Hommage auf „Dawn of the Dead“ /“Alien“ des Auftaktromans.
- Format: Kindle Edition
- Dateigröße: 443 KB
- Seitenzahl der Print-Ausgabe: 84 Seiten
- Verlag: Rohde Verlag (8. Juli 2013)