Mit Mara Laue - vielen besser als M´Raven bei "Sternenfaust" bekannt -. gibt eine zweite Frau ihr Debüt im Rahmen der "Cotton Reloaded" Reihe. Wie der Vorgängerband "Der Leichensee" muss Jeremiah Cotton in erster Linie einen außergewöhnlichen Kriminalfall bearbeiten, dessen Auswirkungen auf die nationale Sicherheit sich erst indirekt rausstellen. "Das Kumo- Kartell" beginnt mit dem Mord an einem reichen Geschäftsmann durch eine sehr attraktive professionelle japanische Killerin, die in die Rolle einer hoch bezahlten Alleinunterhalterin geschlüpft ist. Auf der Stirn des Opfers befindet das japanische Zeichen für Spinne. Es ist nicht der einzige Mord an einem reichen Geschäftsmann, bei diesem dieses Zeichen gefunden worden ist. Alle Opfer sind japanische bzw. asiatischer Herkunft, auch wenn sich ihre Berufe von Angestellten der japanischen Botschaften bis zu einflussreichen Geschäftsleuten nicht decken. Decker und Cotton versuchen die Zusammenhänge herauszufinden, während die attraktive und intelligente Auftragsmörderin weitere Opfer auf eine direkte wie perfide Art und Weise umbringt. Dabei scheut sie sich weder, Spuren an den Tatorten zu verwischen, noch ihre Konterfei vor den Überwachungskameras zu verdecken.
Am Ende des Buches werden nicht nur die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Opfern ausführlicher erklärt, die Autorin versucht eine Art höhere Gerechtigkeit zum Wohle der USA zu etablieren. Die Motive des Kopfes der Verschwörung - auch wenn Teile des Romans schon aus seiner Perspektive erzählt werden, kann der Leser zu diesem frühen Zeitpunkt nicht erkennen, ob er nur ein weiteres Opfer oder einer der Gründe des Kartells ist - überraschen schließlich nicht nur die ermittelnden Beamten, sondern vor allem die Täter. Ob diese weitreichende Beeinflussung wirtschaftlicher mächtiger, aber in ihrem Geist auch "schwacher" Männer mit derartig nachhaltigen Folgen wirklich möglich ist, bleibt unaufgeklärt. Zumindest ist die Bildung des Kartells nicht nur aus niederen, wirtschaftlichen Motiven, sondern als eine Art Forschungsobjekt interessant. Es ist nicht der einzige positive Aspekt des vorliegenden Romans, der aus den bisherigen Abenteuern herausragt. Mit Yuki haben Cotton und Decker einen Gegner, der ihnen nicht nur dank der asiatischen Kampftechniken, sondern vor allem intellektuell und in Hinblick auf ihre Rücksichtslosigkeit grenzenlos überlegen ist. Mara Laue macht auch nicht den Fehler, den Agenten einen Sieg zuzusprechen. Der für die USA positive Pyrrhussieg ist ein zufriedenstellender Abschluss der Jagd auf einen professionellen Killer mit strengen Moralvorstellungen. Yuki tötet nur die Männer, die von den Yakuza wegen des Unterschiebens von Verbrechen zum Tode verurteilt worden sind. Unschuldige Mittel zum Zweck werden nur betäubt. Selbst Cotton und Decker erfahren so eine glimpfliche Behandlung. Die Autorin arbeitet im Verlaufe des Romans mit einer überzeugenden Yuki sehr gut heraus, dass ihr Ehrenkodex die Hauptpersonen des Romans nicht vor einem vorzeitigen wie konsequenten gewaltsamen Ende schützen soll, sondern dass sie es seit Jahren so handhabt. Das sie nicht in die Fallen des FBIs tappt, die allerdings mit sehr viel Goodwill und Hoffen auf den Faktor Zufall angelegt worden sind, ist nur konsequent und hält die Spannung bis zum Ende offen.
Wie in einigen der letzten "Cotton Reloaded" Romane hält Mara Laue Decker und Cotton emotional auf Distanz. Sie bilden inzwischen ein solides Gespann, das sich ermittlungstechnisch ergänzt. Die anfänglichen verbalen Schlagabtäusche sowie die unterschwellige, sich durch Neckereien ausdrückende Romanze werden zu Gunsten einer stringenten Handlung zurückgedrängt und Deckers für ein Beamtengehalt überdurchschnittlicher und gehobener Lebensstil bildet nicht mehr einen so starken Kontrast zu Cottons bodenständiger Schnüfflervorgehensweise. Auf der anderen Seite haben die beiden FBI Beamten inklusiv ihres Computertechnischen Genies sowie den örtlichen Polizisten auch nicht viel zu tun. Yuki ist ihnen immer einen Schritt voraus. Selbst wenn sie zweimal von Cotton bzw. Decker direkt gestellt wird, hat sie ausreichend "Pfeile" im Köcher, um zu entkommen. Ihre Überlegenheit ist derart gewaltig und die Figur mit einer Mischung aus asiatischer Eleganz, distanzierten Humor und pointierten Bemerkungen entwickelt, dass man Yuki im Grunde auf dieser Mission nur Erfolg wünschen kann und muss. Keines ihrer Opfer wird wahrscheinlich aufgrund der Kürze des ganzen Textes über Eindimensionalität hinaus entwickelt. Sie haben ihre drei Seiten des Ruhm, bevor sie schnell und überwiegend schmerzlich, bzw. wie das erste Opfer im Augenblick des höchsten Glücks ermordet werden.
"Das Kumo- Kartell" lebt ohne Frage von der asiatischen Attentäterin Yuki, aus deren Perspektive eine Reihe von Szenen in der ersten Hälfte des Buches erzählt werden. Leider konzentriert sich die Autorin in der letzten Hälfte zu stark auf Cotton und Decker, die aufgrund der ihnen übergebenen Hinweise zumindest den Kopf der Bande für eine kurze Zeit ihrer Gerichtsbarkeit entziehen können. Das Ende wirkt wie einige andere "Cotton Reloaded" Bücher zu abrupt und zu distanziert erzählt. Unabhängig von diesen kleineren Schwächen gehört der vorliegende Roman zu den bisher besten "Cotton Reloaded" Abenteuern, da die Kombination aus moderner IT Ermittlungstechnik und dem japanischen exotischen Yakuza Flair ausgesprochen gut funktioniert. Gute, kurzweilige, nicht immer wirklich spannende Unterhaltung mit einem allerdings konsequenten, Cotton als zweiten Sieger zum Wohle Aller darstellenden Endes.
- Format: Kindle Edition
- Dateigröße: 365 KB
- Verlag: Lübbe Digital; Auflage: 1 (11. April 2013)
- Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
- Sprache: Deutsch
- ASIN: B00C78RL5K