Cotton Reloaded 12- Survival

Peter Mennigen

Jeder zweite "Cotton Reloaded" stammt aus der Feder von Peter Mennigen. Für eine fortlaufende Serie ist die Bindung an einen Stammautoren positiv, im Falle der Neuinterpretation von "Cotton Reloaded" ist es angesichts der durchschnittlichen Romanqualität, welche Peter Mennigen abliefert, eher ein Hindernis. Auch "Survival" leidet unter zahlreichen Schwächen. Das Thema Menschenjagd - entweder als sadistisches Vergnügen oder durch professionelle Killer insbesondere in abgeschiedenen Landstrichen - ist nicht neu und an einigen Stellen erinnert der vorliegende Roman eher an eine Neuauflage von "Beim Sterben ist jeder der Erste". Dieser Aspekte wäre noch zu verschmerzen, wenn Peter Mennigen sich im Prolog nicht ein Bein stellt. Phillipa Decker und der IT Mensch Zeerookah helfen bei der Verhaftung eines gefährlichen Drogenbandenbosses. Bei diesem Einsatz wird dessen Bruder getötet. Es folgt ein Zeitsprung über drei Jahre. Eine Psychologin will das FBI genau unter die Lupe nehmen und schlägt "Survivaltrainings" ohne Mitnahme moderner Technik oder gar Waffen in den endlos erscheinenden Wäldern des Nordosten der USA vor. Als ein Kollege erkrankt, springt Cotton zum Leidwesen der Assistentin der Psychologin - Cotton hört sie heimlich spanisch (!!!) in ein Handy sprechen - ein. Kaum mit dem – wie im nach hinein bekannt geworden verwanzten - Survivalrucksack in den Wäldern angekommen, wird auf die einzelnen Teams geschossen. Schwer bewaffnete Auftragskiller unter anderem auch mit Fahrzeugen machen Jagd auf die hilflosen Agenten, bis Cotton den Spieß umdreht.
Die Handlung ist leider nicht sonderlich spannend. Niemand glaubt wie so oft in den letzten Abenteuern, dass insbesondere Cotton und Decker ums Leben kommen. Einzig der Computerfreak Zeerookah könnte als potentielles Opfer markiert werden, aber dieser Nebencharakter mit seinen unzeitgemäßen, sexistischen Bemerkungen gehört inzwischen ins Team. Zusätzlich kann keine Spannung entstehen, weil Peter Mennigen in dem überflüssigen Prolog - als Rückblende im Verlauf des Romans sehr viel effektiver - schon aufzeigt, um das es geht. Eine perfide, mit langem Atem vorbereitete Rache eines Drogenbosses an allen Agenten, die damals an der Aktion, die zum Tod des Bruders geführt hat, beteiligt gewesen sind. Dazu hat er von Mennigen allerdings einigermaßen überzeugend erläutert die betreffenden Agenten an einem einsamen Ort ohne Handys oder Waffen versammelt und lässt sie töten. Ob eine derartige „Schulung“ von innen heraus umgedreht werden kann und vor allem das kein „Leiter“ an ihr teilnimmt oder das insbesondere Decker die seltsame Zusammensetzung aus ihrer Abteilung zu spät auffällt, sind plottechnische Versatzstücke, welche der Leser noch im Rahmen einer Unterhaltungsserie akzeptieren kann.

Das Cotton überhaupt den Spieß umdrehen kann, verdankt er der Dummheit der Auftragskiller. Durch einen Peilsender an den Rucksäcken können sie die Agenten sehr schnell finden. Decker, Cotton und Zeerookah werden in einer Hütte umzingelt. Ein Entkommen ist nicht möglich. Sie finden ein "unangenehmes" Versteck, das allerdings auch den Jägern offensichtlich bekannt ist. Warum keiner an diesem Ort nachschaut, bleibt ungeklärt. Immerhin könnten diese anscheinend in Söldnermanier geschulten Ex- Soldaten auf den gleichen Gedanken kommen wie die FBI Agenten. Und dieser Einfall ist nicht einmal neu. Selbst wenn man diese Tatsache akzeptiert, ist es unglaublich peinlich, wie Cotton erst zwei der Männer ausschaltet und dann die Horde dank ihres Anführers Schachmatt setzen kann. Die Szene geht so schnell vorüber, dass der Leser nur staunen kann. Anschließend geht es ans perfekte Aufräumen, wobei im Zeitalter des Internets und der Bildübertragung der Drogenboss eher naiv in die gestellte Falle tappt. Warum er keinen seiner Männer voran geschickt hat, bleibt unaufgeklärt. Selbst wenn man diese Dummheit akzeptiert, findet Peter Mennigen vielleicht für diesen Roman passend, eine "Auge um Auge, Zahn um Zahn" Auflösung, die aber die geschundenen Helden nur indirekt betreffen darf.
Auch der Epilog wirkt aufgesetzt. Die Verräterin wartet quasi so lange - sie muss sich noch ein Designerkleid kaufen und geht mit einem Koffer, der 5 Millionen Dollar in bar enthält, durch die Personenkontrolle auf dem Weg nach Südamerika - bis sich Decker und Cotton von ihren Strapazen erholt haben. Damit sie persönlich von ihnen fest genommen werden kann. Das die Mission in vielerlei Hinsicht gescheitert ist, halten die Behörden zurück. Angesichts des Auftraggebers wäre es sinnvoll gewesen, gleich zu fliehen. Außerdem ist es interessant, das sie anscheinend die ganze Summe gleich erhalten hat, während die Killer erst die zweite Hälfte des Geldes nach dem Abliefern aller Leichen erhalten sollten.
Akzeptiert man diese in mehrfacher Hinsicht aufgesetzten Prämissen, so bleibt "Survival" ein stilistisch eher durchschnittlich geschriebener Roman. Der Rückblick in die Vergangenheit zeigt, dass Decker ihre Reize zumindest vor drei Jahren aggressiver eingesetzt hat als jetzt. Die Chemie zwischen den einzelnen Mitgliedern des Überlebensteams stimmt, auch wenn die an einigen Stellen pointierten und vielleicht manchmal zweideutigen Dialoge eher in einem negativen Kontrast zu der ansonsten eindimensionalen Zeichnung insbesondere der Antagonisten stehen.
Ein schwacher "Cotton Reloaded" Roman, der an keiner Stelle sein Potential wirklich ausschöpfen kann.

Bastei- Verlag

E- Book, 100 Seiten

Erschienen im September 2013

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