Cotton Reloaded 25 "Tod des Phoniex"

Linda Budinger

Mit dem ersten kleinen Jubiläumsabenteuer 25 präsentiert Linda Budinger eine zufriedenstellende, stellenweise sehr spannende Handlung, bei der Cottons in diesem Fall sanktionierte Alleingänge durchaus Sinn machen.

Nach dem Unfalltod ihrer Mutter entführt ein Vater seine Tochter in den Bunker einer Todeskultsekte, deren Mitglieder alle über Nahtoderfahrungen verfügen. Neumitglieder werden mittels eine Lügendetektors überprüft. Da das Mädchen dringend ärztlich versorgt werden muss und der Vater alle Appelle der Behörden ignoriert, schickt Mr. High Jeremiah Cotton aus, um die Sekte zu infiltrieren und das Mädchen zu befreien. Für Cotton spricht, dass er am 11. September seine Familie verloren hat und längere Zeit unter den Trümmern des World Trade Centers eingeschlossen gewesen ist.Eher widerwillig müssen später Decker und ihre Kollegen datentechnisch als Back Up fungieren, während sich Cotton verschiedenen kritischen Befragungen der „Phoenix“ Jünger stellt, die aber anscheinend auch etwas Großes planen.

Viele der ersten „Cotton Reloaded“ Romane setzen auf in erster Linie rechtsextreme, konservative und patriotische Splittergruppen, die mittels Anschlägen und Attentaten die politische Ordnung in den USA stören wollten. Auch wenn die „Hand des Phoenix“ in diese Richtung zielt, hat Linda Budinger diese Extremistengruppe sehr viel detaillierter und vor allem vielschichtiger aufgebaut. Da sie alle dem Tod entkommen sind, fühlen sie sich als Auserwählte. Die Hierarchie ist klar strukturiert und mit dem Phoenix verfügen sie über das entsprechende Symbol. Selbst die Entführung des Mädchens macht Sinn, da es einen schweren Verkehrsunfall, bei dem ihre Mutter ums Leben gekommen ist, überlebt hat. Auch der Einsatz von Cotton im Vergleich zu zahlreichen FBI- Agenten macht in dieser Konstellation Sinn. Die Infiltration wird überzeugend beschrieben. Im Bunker selbst agiert Cotton/ Russell ein wenig zu auffällig, aber da die letzten Züge des Romans vorhersehbar sind, stört das nicht mehr. Interessant ist, dass Linda Budinger so weit geht, Cottons Tarnexistenz auch „handeln“ zu lassen und den Agentennamen mit seinem Alter Egos ersetzt hat.

Bis auf die abschließende vertrauliche Szene agieren Decker und Cotton nicht zusammen. Dieses Zusammenspiel gehörte in den letzten Bänden anderer Autoren zu den jeweiligen Schwachpunkten, da einer den anderen immer in letzter Sekunde retten muss. Das ist im vorliegenden Abenteuer nur indirekt der Fall, funktioniert aber hervorragend. Allenfalls die technischen Möglichkeiten scheinen unbegrenzt und wenn die klassischen Ermittlungen in eine Sackgasse führen, dann sind Überwachungsvideos, Handykontrolle oder das Fälschen von Mitteilungen ausreichend zur Hand, um zu helfen. Ein Aspekt wird nicht weiter extrapoliert. Anscheinend gibt es jemanden, der die Computer von Mr. Highs ansonsten autark operierender Spezialeinheit kontrolliert. Wenn der Einfluss der auf den ersten Blick eher isoliert wie exzentrisch erscheinenden „Hand des Phoenix“ Sekte so weit reicht, dann wundert es den Leser, warum sie auf archaische Mittel wie unzuverlässige Lügendetektoren vertrauen. In ihrer Fokussierung und ihrer Selbstzerstörung versucht die Sekte eine Art neue Existenzebene zu erreichen und nicht wie die bisherigen Gruppierungen die Grundstruktur der USA mit ihrem Liberalismus zu zerstören. Das macht sie auf der einen Seite weniger gefährlich für die soziale Ordnung, auf der anderen Seite allerdings auch fanatischer und deswegen nicht mehr kontrollierbar. Als Gegenspieler sind sie von der Autorin solide charakterisiert worden und ihre im darbenden Detroit wenig subtile Vorgehensweise ist gut nachvollziehbar. Mit der in zahlungsunfähigen Stadt und ihren sozialen Unterschieden hat die Autorin vielleicht auch unbewusst den richtigen Hintergrund für eine Sekte wie die „Phoenix“ ausgewählt, da deren Industrie wieder im Aufwind ist, während die Stadt ihren Zahlungsverpflichtungen und damit ihrer Aufgabe gegenüber den Bewohnern nicht mehr nachkommen kann.

Mit dem sich seinem eigenen Trauma stellenden Jeremiah Cotton verfügt die Story zusätzlich über einen deutlich vielschichtiger als sonst gezeichneten Protagonisten. Auch wenn Cotton gleich zu Beginn des Romans seinem Vorgesetzten gegenüber berechtigt klarstellt, dass er nicht in dessen Einheit arbeiten könnte, wenn er das Trauma nicht überwunden hätte, versucht Linda Budinger ihn als auch verletzlichen Menschen zu schildern, der bemüht ist, eine ihm anvertraute Person zu retten und nicht wie am 11. September alle seine Verwandten zu verlieren. Ohne in Sentimentalitäten zu verfallen, wirkt der Plot dadurch vielschichtiger und intensiver als viele der letzten eher schwächeren und trotz guter Ausgangsprämissen stereotyp aufgebauten „Cotton Reloaded“. Durch die verschiedenen Rückblicke auf sein bisheriges Großstadtleben ist „Tod des Phoenix“ auch ein guter Einstiegsband, um dieses Remake von Jerry Cotton erstmalig kennenzulernen.   

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 2141 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 112 Seiten
  • Verlag: Bastei Entertainment (9. Oktober 2014)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B00NGKB2AI
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