Longknife Band 3- Die Invasion

Mike Sheperd

Der dritte Band der "Longknife"  Serie "Invasion" beginnt nicht mit einem nahtlosen Übergang, sondern einem frustrierend offensichtlichen "Deus Ex Machina" Manöver, um die in die Ecke getriebene Longknife zumindest teilweise zu rehabilitieren und den Anschein eines Anti- Helden umgehend zu relativieren. Es ist schade, dass Sheperd dazu nicht den Konflikt mit den Außerirdischen benutzt hat, sondern eine rückblickend isoliert stehende Aufgabe sich erdacht hat.

 Auf einer diplomatischen Mission zusammen mit ihrem Leibwächter Jack und der Dienerin/ Faktotum Abbey läuft aus dem Ruder. Longknife versucht nach den eher ernsten ersten Romanen teilweise für Heiterkeit zu sorgen. So hat der Leser anfänglich das Gefühl, als befände man sich eher auf einer Art Betriebsausflug denn einer diplomatischen Mission. Das überschreitet er allerdings die Grenze zur Lächerlichkeit. Während Jack als Leibwächter eher eine passive, verbale stark überzeichnete Rolle hat, aber bis auf ein latent erotisches Interesse keine wirkliche Funktion in dieser ersten Hälfte des Buches erfüllt, beginnt Abbey förmlich zu nerven. So kocht sie nicht nur gut, sie kann Make Up auftragen, hat nicht nur für sich, sondern wirklich für alle Personen, denen sie auf dieser Mission begegnen, die richtige Kleidung im unendlich erscheinenden Gepäck. Dieser archaisch erscheinende Ausblick auf die typische Dienerschaft wäre vielleicht trotz oder gerade wegen der zahlreichen Ungereimtheiten noch zu ertragen, wenn Sheperd nicht weiter übertreibt. Als es um Ausrüstung geht - dabei spielt es keine Rolle, ob diese legal oder illegal auf der Welt ist - kann Abbey förmlich alles beschaffen. Mehr und mehr unterminiert der Autor die Position seiner Heldin und stellt Longknife derartig ins Abseits. Da hilft es auch wenig, dass sich die drei Menschen sowohl in der High Society als auch den Slums dieser Welt bewegen müssen.  Diese hier gezeigte absolute Perfektion wirkt nicht nur ermüdend, es wird langweilig. Obwohl sich die ganze diplomatische Mission als schwierig erweist und stellenweise der Leser die Zusammenhänge eher erahnen muss als das sich der Autor zufriedenstellend extrapoliert hat, wirkt Abbey zu perfekt und negiert damit die sporadisch aufkommende Spannung.  Noch schlimmer ist, wenn er seinen Charakteren mögliche Auflösungen dieser Situation in den Mund legt und sie anschließend ignoriert. So ist auch Longknife über die unglaubwürdige Perfektion verwundert und würde sich gerne in einer ruhigen Phase, die bislang inhaltlich nicht in Sicht ist, mit Abbey zusammensetzen, um die Hintergründe zu erfahren. Das Problem ist, für den Leser ist keine Möglichkeit erkennbar, Abbey aus dieser unglaubwürdigen Situation bodenständig zu retten und einen allwissenden, alles könnenden "Begleiter" würde diese bislang eher realistisch angelegte Military Science Fiction Serie nicht vertragen.

Die Auftaktszene wirkt eher wie eine Novelle, denn sie hat wenig mit der fortlaufenden Handlung zu tun.  Die Wardhaven Flotte wird zu einem fernen Sonnensystem ausgeschickt, um die Stärke der Menschheit zu demonstrieren und quasi militärisch gesehen eher sinnlos Flagge zu zeigen. Zurück gelassen werden nur eine Handvoll veralteter Schiffe und Schlepper. Longknife muss jetzt ohne Abbey - auch dieser Bruch ist auffällig, leider auch überfällig - innerhalb weniger Tage aus diesen vorhandenen Schiffe etwas Kampffähiges zaubern, da die Außerirdischen die menschliche Flotte geschickt umgangen haben und jetzt nach Wardhaven eilen. Unabhängig von dieser wieder wenig glaubwürdigen Prämisse schafft es Sheperd nicht, der Handlung eine unterschwellige Dynamik zu verleihen. Wieder verfängt er sich in Details, wie Longknife die  nicht geeigneten Raumschiffe auszurüsten und vor allem einem Kampf bereite Mannschaft zu finden sucht.  Auch hier bewegt sich Sheperd in einem unglaubwürdigen Bereich. Egal wie sehr sich die Crew anstrengt, aus einem alten Raumschiff kann man nicht in dieser kurzen Zeit kampffähige Einheiten machen. Der Leser hat das Gefühl, als lägen noch ausreichend schwere Waffen von den Schiffen herum, welche die Menschheit ausgeschickt hat. Das zusätzlich diese ganze Taktik eher auf einem Zufallsprinzip aufgebaut worden ist, muss nicht extra herausgestellt werden. Zwar gibt es in diesem Abschnitt keine Abbey, aber trotzdem geht alles viel zu glatt.

 Schade für den ganzen Roman ist, dass die letzten einhundert Seiten die langweilige Eröffnung nicht retten können. Schon in den ersten beiden Büchern der Serie hat Sheperd wie Jack Campbell in seiner "Lost Fleet" Serie bewiesen, dass die gegenwärtigen militärischen Taktiken ohne Probleme ins All übertragen und packend beschrieben werden können. Hier kommt die in den ersten Zweidritteln fehlende Dreidimensionalität zum Tragen und in diesen wichtigen Passagen kann der Autor beweisen, dass die Rumpfflotte auch unter schweren eigenen Verlusten dank einer überlegenen, die natürliche Situation des Systems auch ausnutzenden Taktik zumindest einen brüchigen Status Quo erzielen kann. Die Perspektive wird von Longknifes Kommandoschiff bestimmt, wobei die Überhelden positiv für den ganzen Roman nicht in jedem Augenblick am richtigen Ort sein muss. Weiterhin positiv ist, dass der Autor in dieser abschließenden Raumschlacht nicht zu der angesprochenen "Deus Ex Machina" Methode der diplomatischen Mission greift, sondern sich bemüht, die Stärken und Schwächen der Heimatflotte genauso in die Waagschale zu werfen wie die sich zeigenden Schwächen der Fremden. Dadurch kann er zumindest für kurze Zeit Spannung erzeugen und den Roman auf einer zufriedenstellenden Note abschließen.

Noch stärker als die ersten beiden Longknife Romane wirkt allerdings "Invasion" als Ganzes unfertig, zu wenig professionell strukturiert und durch die offensichtlich eingeschobene diplomatische Episode erst auf eine notwendige, aber nicht zufriedenstellende Romanlänge gebracht. Hinzu kommt, dass die Übergänge sehr krass sind und die Zeichnung der Protagonisten eher ambivalent erscheint. Es bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich die "Longknife" Serie noch entwickeln wird, aber die verschiedenen Schwächen muss der Autor abbauen, um das Interesse seiner Leser über einen ganzen Roman einfangen zu können. Das ist ihm nur auf den letzten einhundert Seiten mit einer klassischen Raumschlacht gelungen. Kein gutes Zeichen selbst für eine Military SF Serie.      

 

  • Taschenbuch: 512 Seiten
  • Verlag: Bastei Lübbe (Bastei Lübbe Taschenbuch); Auflage: Aufl. 2014 (18. Juli 2014)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3404207645
  • ISBN-13: 978-3404207640
  • Vom Hersteller empfohlenes Alter: 14 - 17 Jahre
  • Originaltitel: Defiant