Die Vagabunden 1- Das Mündel der Drachen

Robert Corvus

Zwölf Monate lang im Taschenheftformat entführt der Perry Rhodan und Fantasy Autor Robert Corvus die Leser in eine magische Welt, durch welche seine Protagonisten – eine vagabundierende Gauklertruppe – ziehen.

 Am Ende des ersten Abenteuers “Das Mündel der Drachen“ macht die Übermutter klar, dass es für ihr fahrendes Volk keine vorgegebene Richtung gibt. Hauptsache, man befindet sich weiterhin in Bewegung.  Also zieht man am Ende der Geschichte der Gefahr im Norden buchstäblich entgegen.

Robert Corvus nutzt den ersten Band der Miniserie gut aus, um vor allem einen gewichtigen Teil des Weltenhintergrunds, aber auch eine Handvoll der Protagonisten einzuführen. Die Kulisse ist mittelalterlich, wird aber durch Fantasy Gestalten wie Drachen und Orks zusätzlich zu den magischen Gegenständen mit ihren ureigenen Geschichten belebt.

Die Orks bedrohen die menschlichen Siedlungen. Gleich zu Beginn wird er eine aussichtslose Schlacht der Menschen gegen die vordringenden Ork Armeen beschrieben. Die Orks haben ihre Gefangenen buchstäblich zum Fressen gerne und Robert Corvus ist bei der Beschreibung der Szenen auch nicht zimperlich. Allerdings wirken die Orks teilweise auch nur wie Marionetten, wie der Autor im Epilog darstellt.

Deutlich mächtiger sind die Drachen, die gegen Überlassung einen kleinen Obolus, aller magischen Gegenstände und dem im Titel erwähnten Mündeln als Geiseln – natürlich offiziell handelt es sich um Gäste in ihrer Festung – Schutz gewähren. Nach der Niederlage und dem Tod des Grafen Esmor von Glanzweiden ist es seine zweitgeborene Tochter, welche den Drachen gegen Schutz übergeben werden soll. Die Erstgeborene soll irgendwann über das Reich herrschen und will die familieninterne Widersacherin lieber gestern als heute loswerden.

Anlässlich der Übergabe des Mündels und damit der Etablierung des Drachenschutzes kommen zahlreiche Gaukler in die Stadt. Darunter auch die Vagabunden, eine kleine Gruppe von wenigen Männern und Frauen. An der spitze steht eine Heilerin, die mittels einer magischen Spitze heilen kann. Allerdings fällt dieses Gerät auch unter die Einziehungsbefugnis der Drachen. Als sie sich weigert, wird ihre Tochter in den Kerker geworfen.

Ein Schaufechter verletzt seinen Gegner tödlich. Diese Gefahr hat sein Gegner zwar selbst heraufbeschworen, aber das viele Blut hinterlässt entsprechenden Eindruck.

Die zweitgeborene Prinzessin ist sich nicht sicher, ob sie wirklich ins Exil der Drachen  gehen möchte. Unterstützung erhält sie von ihrer Tante, welche ihr die Augen öffnet.

Es gibt noch eine geschickte Akrobatin, die förmlich nach magischen Gegenständen giert, die sich nicht nur an einem geheimnisvollen Ort -  der Ruinenstadt des zweiten Bandes - befinden, sondern jetzt quasi vor ihren Augen auf einem Haufen gesammelt sind.

Die verschiedenen Handlungsbögen laufen nach einer langen, nicht uninteressanten, aber auch entsprechend ruhigen Exposition schließlich während des Finals zusammen. Robert Corvus hat spannungstechnisch natürlich in einem Auftakt Band das Problem, dass er seine zukünftigen Protagonisten zwar hin und herschieben muss, eines kann er aber nicht verhindern. Sie müssen zusammenkommen. Was getrennt ist, wird auf eine abenteuerliche, allerdings auch ein wenig konstruierte Art und Weise wieder verbunden. Hinzu kommt das königliche Element. Wenn sich das Mündel den Drachen stellen würde, wäre dieser Handlungsbogen sprichwörtlich am Ende der ersten Geschichte zu Ende.

Es ist die Freiheit des fahrenden Volks – wobei der Begriff Freiheit relativ ist und sich nur auf Bewegungsfreiheit konzentriert -, welche Robert Corvus ermöglicht, in den folgenden elf Heften immer wieder andere Abenteuer mit einem fortlaufenden roten Faden zu erzählen. Die Vagabunden sind nach Aussagen des Autoren die Reiseführer durch diese magisch- phantastische Welt. Allerdings keine Führer im klassischen Sinne, denn viele Funde und Begegnungen machen sie auf Augenhöhe ihrer heimlichen Begleiter, der Leser. Vieles in dieser Welt erschließt sich auch den Vagabunden erst mit dem nächsten Schritt.

Anfänglich ist der Tenor dunkel und könnte einige Leser abschrecken. Die Orks sind keine Menschenfreunde, auch wenn sie Menschen wirklich (zum Fressen) gerne haben. Aber mit diesen Szenen zeigt Robert Corvus auch eine der kontinuierlichen Gefahren auf, denen sich nicht nur die Vagabunden stellen müssen. Das schon angesprochene zweite Ende im Epilog impliziert, dass hier noch sehr viel mehr kommt.

Das Haupthandlungsbogen wird mit dem Beginn der Reise in den Norden zufriedenstellend abgeschlossen. Einige Fragen bleiben offen und die Flucht im Planwagen, gezogen von einer gigantischen Echse, könnte oder besser sollte nicht unbemerkt bleiben.

Die Zeichnung der Figuren ist zufriedenstellend bis gut. Während die Prinzessin erst mit ihren Aufgaben wächst und zumindest teilweise auch aktiv an der Flucht mitarbeitet, bleibt der bleiche Fechter noch zu eindimensional. Bei den Vagabunden ragt die Mutter mit ihrer bodenständigen Präsenz über die beiden Freundinnen – nur eine ist ihre Tochter – noch hinaus.

Der Hintergrund der Geschichte ist farbenprächtig und trotz der Stringenz der Handlung bemüht sich Robert Corvus, nach dem Prolog das Tempo relativ schnell anzuziehen und trotzdem die farbenprächtige Welt vor den Lesern zu erschaffen. Hintergrundtechnisch gehört die Idee der opportunistischen Drachenbeschützer – ihre Motive bleiben noch überwiegend im Dunkeln – neben der Idee der vagabundierenden Helden zu den besten Ideen des vorliegenden Bandes.

Die Auftakt Geschichte stellt kurzweilige Unterhaltung dar.  Robert Corvus spricht selbst auf der Homepage des Bastei Verlages davon, ein spannendes Abenteuer zu erleben und eine Geschichte in einem Zug lesen zu können, aber trotzdem ein weiteres Puzzlestück in einem übergreifenden Handlungsverlauf im übertragenen Sinne ergattern zu können. Diese Voraussetzungen mit allen archetypischen Elementen der High Fantasy erfüllt der Roman „Das Mündel der Drachen“. Gute, solide Unterhaltung vor einem ohne Frage weiterhin entwicklungsfähigen Hintergrund und ausreichend offenen Fragen, um das Interesse auf den zweiten Band „Die Sonnenruine“ zu lenken.            



Das Mündel der Drachen (Die Vagabunden 1)

Bastei Verlag

Taschenbuch 140 Seiten

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