Dan Cooper Gesamtausgabe Band 9

Albert Weinberg

Anfang der achtziger Jahre begann der Stern des ZACK Comicmagazins zu sinken. Das hatte nicht nur mit dem veränderten Lese und Fernsehverhalten der Zielgruppe zu tun, auch im Comicmarkt gab es nicht mehr ausreichend passendes Material. Das Vorwort des neunten Bandes der Gesamtausgabe macht es sich aber auch ein wenig einfach. Andere Magazine wie „Heavy Metal“ sogen die jungen und kreativen Comickünstler förmlich auf, während die etablierten Serien zwar immer noch eine immer älter werdende Zielgruppe fanden, aber nicht mehr die gleiche Popularität hatten. Das ZACK im 21. Jahrhundert sogar als gedrucktes Magazin ein Comeback feierte wird im Vorwort nicht erwähnt.

Es gibt neben zwei Kurzgeschichten zahlreiche Querverweise auf Albert Weinbergs „Barracuda“ Serie, die eine Neuveröffentlichung verdienen würde. Dazu kommen heute sehr seltene Abbildungen von Zack Werbematerialien, die Sammlerherzen deutlich höher schlagen lassen

 Die zwei Kurzgeschichten beziehen sich auf zwei längere Alben. „Das Geheimnis der fliegenden Steine“ könnte gut zu „Gefahr aus dem All“ passen. Dan Cooper soll mit einem Wissenschaftler über einem erloschenen Krater die Gefahr von plötzlich schwerlosen Steinen untersuchen. Dabei kreuzt sich ihr Weg mit einer Bande von Schmugglern. Während der Professor in der Originalausgabe von den Gangstern erschossen wird, ist er in der deutschen Fassung nur schwerverletzt. Dabei ist Albert Weinberg in den Langalben hinsichtlich des Todes von Schurken – nicht selten selbst verschuldet -, aber auch Helden im Rahmen ihrer Pflichterfüllung weniger zimperlich. Auch Dan Cooper hat eine gefährliche wie pragmatische Lösung bereit.

Aus der zweiten Kurzgeschichte „Verrat auf Boneyard 22“ hat eine Seite ihren Weg in das ebenfalls im achten Band der Gesamtausgabe nachgedruckte Album „Projekt F- 18“ gefunden. Das Thema von Geheimnisverrat und Datendiebstahl zieht sich wie ein roter Faden durch die ersten beiden Alben dieses Sammelbandes. Aber der Hintergrund mit dem gigantischen Flugzeugfriedhof ist ein Beweis, wie minutiös Albert Weinberg vorgeht bzw. vorgehen lässt.

Auffällig bei den drei Alben sind die immer detaillierter werdenden Exkurse in die Welt der Technik. Der interessante Leser findet mitten in der Handlung  Zeichnungen mit ausführlichen Erklärungen in Bezug auf das Innenleben der Maschinen wie auch die verschiedenen Modelle.

„Projekt F- 18“ ist von den drei Alben die vielleicht am einfachsten gestrickte Geschichte. Die kanadische Luftwaffe möchte ein neues Kampfflugzeug erwerben. Zur Auswahl steht ein kanadischer Prototyp oder eine norwegische Version. Gänzlich aus der Handlung verschwunden ist Dan Coopers Vater, der sich ja als Erfinder vor allem in den ersten Alben mehr als einen Namen gemacht hat. Viele technische Entwicklungen, welche die kanadische Luftwaffe jetzt nutzt, sind mit seinem Namen verbunden.

Die Ausgangslage erscheint sehr konstruiert. Die norwegischen Maschinen werden von teilweise Dan Cooper bekannten Piloten geflogen. Allerdings hat die Betreiberfirma anscheinend Kontakte zur Mafia und die beiden führenden Brüder wirken eher, als wenn sie geradewegs aus den Straßen Palermos nach Kanada gekommen sind.     

Da die norwegischen Maschinen beginnend mit dem ein strahligen Triebwerk dem kanadischen Rivalen unterlegen sind, greifen die beiden Brüder zu verschiedenen Listen, in dem sie die Zielsucher irritieren oder den aufrechten Kanadiern Sabotage unterschieben. Am Ende sind es die einfachen kanadischen Bürger, die dem bösen Spiel einen Strich durch die Rechnung machen.

Ob ein derartiger Wertstreit überhaupt einen Rüstungsdeal entscheiden kann, sie dahingestellt. Vor allem, weil die jeweiligen Piloten ihre eigenen Maschinen fliegen und die jeweiligen Konkurrenten keine Chance haben, praktische Erfahrungen auf den anderen Flugzeugen zu machen.

Trotzdem besticht das Album dank der stringenten Handlung. Die einzelnen Tests sind von Albert Weinberg minutiös und detailreich herausgearbeitet worden. Der Autor baut in den drei Hauptsequenzen die Spannung sehr gut auf, um dann die Hintergründe zu erläutern. Die Struktur wird Albert Weinberg in der nächsten Geschichte „F- 111 in Gefahr“ auf die Spitze treiben.

Hinzu kommt, dass der Autor/ Zeichner nicht nur in diesem Album auf Charaktere aus den letzten Alben zurückgreift und seinem technokratischen Kosmos eine emotionale, eine menschliche Tiefe gibt. Der Leser mag zwar bezweifeln, dass die Piloten zwischen den einzelnen Herausforderungen kräftig feiern und trinken dürfen, aber es passt eben in den Handlungsrahmen.

Die große Schwäche der ganzen Geschichte liegt in seiner Vertrautheit. Schon in den sechziger Jahren hat Albert Weinberg gerne auf derartige Handlungsmuster zurückgegriffen, in dem er den kapitalistisch orientierten Schurken – vor allem zu dieser Zeit aus dem fernen Osten – unlautere Machenschaften unterstellt hat.

„F- 111 in Gefahr“ ist eine Geschichte aus dem Kalten Krieg. Überraschend ist, dass Albert Weinberg vor allem bei der Zeichnung der Russen eben nicht auf Klischees zurückgreift und sie als vor allem Männer darstellt, die wie Dan Cooper ihr auch gegen die Befehle der vorgesetzten Offiziere gegebene Worte einhalten.  Auch sind sie cleverer als die amerikanischen Militärgeheimdienste vermuten.

Dan Cooper wird gerufen, weil ein amerikanischer Freund mit einer Cruise Missile an Bord seiner F 111 anscheinend über sowjetischen Gebiet verschwunden ist. Cooper soll mit dem Verschwundenen Kontakt aufnehmen, da er vielleicht eher auf dessen Stimme reagiert und keine Falle vermutet. Es entwickelt sich eine vielschichtige Spionagegeschichte. Cooper muss anscheinend auf Eigeninitiative mit einem bahnbrechenden Vorschlag den Kameraden retten, während zumindest für den Leser die Amerikaner im Hintergrund versuchen, Dan Coopers Bemühungen zu torpedieren.  Da sie den Kanadier zu Hilfe gerufen haben, sind dem Leser ihre plötzlich konträren Bemühungen nicht gänzlich klar.

Albert Weinberg orientiert sich bei dieser Geschichte unter anderem an John le Carre. Rücksichtslos werden Menschen und Material geopfert, um die eigenen Ziele zu erreichen. Die Ironie an dieser Geschichte liegt in der Tatsache begründet, dass diese Bemühungen im Grunde sinnlos sind. Zwischen den Fronten steht Dan Cooper, der sich allerdings vorwerfen lassen könnte, in diesem nicht unbedingt durchgeplanten, sondern fast improvisierten Heldenstück vorhersehbar zu sein, wie ein Verlierer dar.

Zu den Stärken der Geschichte gehört wie eingangs erwähnt, dass Albert Weinberg auf die klassische vor allem amerikanische Propaganda verzichtet und deutlich aufzeigt, wer im Kalten Krieg die Knochen hinhalten muss. Damit entlarvt er die fast an Arroganz wirkende Überheblichkeit der Amerikaner als eine Seifenblase, die Albert Weinberg süffisant in den letzten drei Panels platzen lässt.

Rückblickend ergibt der ganze Plot einen Sinn, aber der Weg bis zu diesem Ziel erscheint in dieser Form nicht planbar, zumal sowohl Dan Cooper als auch sein amerikanischer Freund, von den amerikanischen Spezialeinheiten ganz zu schweigen absichtlich nicht eingeweiht worden ist.

Kanada wird von Albert Weinberg längst nicht mehr glorifiziert und verklärt wie in den ersten Alben, als Dan Cooper und Co zwischen den drei rivalisierenden Mächten – USA, Sowjetunion und Japan/ teilweise China – wie die Heroen aus längst vergangenen Pulp Geschichten erschienen sind.

Ein Diktator aus einem ölreichen lateinamerikanischen Land möchte die alten kanadischen Aufklärungsmaschinen kaufen, um nach seltenen Rohstoffen zu forschen. Natürlich zum Preis von Neuflugzeugen, wie die Kanadier dem moralisch entrüsteten Dan Cooper mitteilen. Wenn man schon Geschäfte mit Diktaturen macht, will man wenigstens verdienen.

Dan Cooper soll als Verbindungsmann dienen und dem mit einem Pilotenschein versehenen Diktator die Maschinen vorführen. Nur wenige Tage vorher hat Dan Cooper als freiwilliges Mitglied einer Rettungsfliegerstaffel an Bord eines Hubschraubers eine unbekannte schöne Frau ohne Gedächtnis aus ihrem Flugzeugwrack in wilder See gezogen.

Dan Cooper ahnt nicht, das der Diktator und die junge Frau eine gemeinsame Vergangenheit haben.

Die Geschichte ist sehr spannend aufgebaut. Verschiedene Interessengruppen treffen aufeinander, wobei Albert Weinberg auch aufzeigt, dass es nicht nur um die Beseitigung eines Diktators geht, sondern die Etablierung nicht einer guten Regierung, sondern einer opportunistischen Gruppe. Der Aufwand soll ja auch entschädigt werden.

Während Dan Cooper wegen des Verhaltens seiner Regierung immer noch empört ist und nur widerwillig mit dem arroganten wie exzentrischen Politiker zusammenarbeiten möchte, zeigt Albert Weinberg auf der anderen Seite die Verhältnisse in dem lateinamerikanischen Land an Hand des Schicksals eines politischen Häftlings.

Die Actionhandlung ist komplex und Albert Weinberg findet eine interessante Lösung, bei welcher Dan Cooper sein Gesicht gegenüber den Vorgesetzten wahren und indirekt der Gerechtigkeit zum Erfolg verhelfen kann. Damit wird auch das Gesicht der eigenen Nation geschützt, die sich in den bisherigen Abenteuern von Beginn an mit Dan Coopers Vater als Flugzeugentwickler mit pazifistischen oder nur defensiven Absichten auf der Seite des fast zu Guten etabliert hat. Diese Grenze wollte Albert Weinberg nicht überschreiten.

Alle drei Abenteuer zeigen einen gereifteren Dan Cooper, der mehr und mehr Eigeninitiative ergreift. Aber im Gegensatz zu den ersten Geschichten, in denen Dan Cooper nicht selten aufgrund seines Ranges als „Primus Inter Pares“ agierte, aber sein Team in die Aktionen mit einbezogen hatte oder einbeziehen musste, liegt der Fokus vor allem in der zweiten und dritten Geschichte des Sammelbandes fast ausschließlich auf Dan Cooper.

Zeichnerisch mit den vielen flugtechnischen Details, die aber nicht mehr von Albert Weinberg selbst stammen, weiterhin so realistisch wie für eine Comicserie möglich, fügt sich der neunte Sammelband solide in die Gesamtausgabe ein. Während das erste Album zu sehr auf Bekanntes setzt, wirkt der Plan der amerikanischen Militärs in der mittleren Geschichte zu kompliziert. Alleine die nachvollziehbare moralische Entrüstung hebt die dritte Story über die anderen beiden Alben hinaus und wird längere nicht nur wegen der an Randy erinnernden jungen Frau länger im Gedächtnis bleiben.    

 

Dan Cooper. Gesamtausgabe Band 9

  • Gebundene Ausgabe: 184 Seiten
  • Verlag: Splitter-Verlag; Auflage: 1., (1. September 2017)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3958393500
  • ISBN-13: 978-3958393509
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