Homo Sapiens 404 Band 7- Allein in der Dunkelheit

Clauda Kern

Mit „Allein in der Dunkelheit“ beginnt der zweite Sechsteiler „Homo Sapiens 404“. Da der Handlungsbogen direkt fortgesetzt wird, lohnt es sich, die Serie mit dem ersten Abenteuer zu beginnen anstatt mit „Allein in der Dunkelheit“ einzusteigen.

 Das Computergenie und gleichzeitig auch der Internetnerd Kipling hat zusammen mit einem Unbekannten ein Programm „Tasha´ s Tool“ geschrieben, mit dessen Hilfe  man überall im Universum Raumschiffe der verhassten Jockeys explodieren lassen kann. Was Kipling, über den der Leser in einer langen, aber auch ein wenig zu schematischen Rückblende in der Tradition der vorangegangenen Abenteuer mehr erfährt, ist anscheinend in die Falle des auf den ersten Blick unbekannten Wohltäters geraten. Eine Massenhinrichtung der ambivalenten, die Menschen isolierenden Jockeys war nicht beabsichtigt worden. Die Antwort der technologisch überlegenen Fremden erfolgt umgehend. Sie sperren alle Sprungtore und legen das intergalaktische Internet lahm. Alle Raumschiffe der Menschen werden aus dem Überlichtraum gedrückt und stranden im Niemandsland. Dazu gehört auch die „T.S. Eliot“, die in letzter Sekunde von der an Bord befindlichen Jockey vor dem Sturz in die nahe Sonne eines ihnen unbekannten Systems gerettet wird.

Auf einem der Planeten ortet die „T.S. Eliot“ eine ungewöhnliche Wärmequelle, die auf ein Raumschiff hindeutet, dass dort vor kurzem gelandet sein könnte. Eine entsprechende Expedition wird ausgeschickt.

 Claudia Kern ist sich ihrer Vorbilder durchaus bewusst, kann aber auch sehr viele originelle Ideen in den stringenten und mit hohem Tempo ablaufenden Plot integrieren. Der Sturz in die nahe Sonne und das Ausnutzen ihrer Anziehungskraft zum Beschleunigen ist eine Idee, die in dieser Form mannigfach im Genre verwandt worden ist. Das die Idee auch von dem Teil der unfreiwillig an Bord befindlichen Besatzung umgesetzt wird, gehört auch zu den Klischees des Genres. Spannung wird damit nicht erzeugt. Die Expedition auf der natürlich unwirtlichen Welt erinnert stark an „Alien“ mit dem aus dem Nichts heraufdämmernden Raumschiffrumpf, der in der hier beschriebenen Form aber auch ein wenig an die aus dem dunklen Nichts erkennbare untergegangene „Titanic“ erinnert. Im Gegensatz zum Sonnenflug gelingt es Claudia Kern in dieser Sequenz, eine intensive dunkle Atmosphäre herauf zu schwören. Mit dem Betreten des Raumschiffs dreht sich allerdings der Plot und die bekannten Versatzstücke verschwinden und machen eine interessanten Eröffnung Platz. Der wertvolle Fund an Bord des Schiffes sowie der ungewöhnliche Schutz vor Eindringlingen sind gut entwickelt. Allenfalls die ein wenig eindimensional erscheinenden Schurken gegen Ende des Romans sollten noch besser entwickelt werden.

Die räumliche Trennung der Besatzung ermöglicht es der Autorin, auf der zweiten Handlungsebene eher die unterschwellig vorhandenen Konflikte und das gegenseitige Misstrauen insbesondere der Jockey gegenüber zu forcieren. Nach einer vielleicht für den ganzen Roman zu langen Phase der Unsicherheit unmittelbar nach dem Sturz ins Normaluniversum konzentriert sich Claudia Kern auch mit dem langen Rückblick auf Kiplings Leben auf die Protagonisten. Der Verlust des intergalaktischen Internets in Form der Googlegates scheint den Computernerd noch mehr zu treffen als die Aussicht, bis ans Ende seines Lebens in einem unbekannten System zu treiben. Das Kipling eher wie der naive außerhalb des Internets und des Programmierens lebensuntüchtige Scheuklappenträger erscheint, ist konsequent, aber auch ein wenig zu eindimensional. Angesichts der bisherigen Erfahrungen hätte diese Figur insbesondere ein wenig weiter entwickelt werden können. Aber auf der anderen Seite braucht die Serie einen offensichtlichen Sündenbock, während die an Bord befindliche Jockey mit stetig wachsendem Misstrauen unabhängig von ihren positiven Handlungen für die „T.S. Eliot“ betrachtet wird. In Bezug auf ihren Hintergrund verständlich, aber auch hier sollte in den nächsten Bänden eine Weiterentwicklung erfolgen.

Am Ende des geradlinigen und solide geschriebenen, weniger im Vergleich zum Auftakt der ersten Miniserie Action lastigen Abenteuers bleiben verschiedene Fragen positiv offen. Ist es tatsächlich ein Zufall, dass die „T.S. Eliot“ ausgerechnet in diesem System gestrandet ist? Da die Jockeys unmöglich den Aufenthaltsort der „T.S. Eliot“ wissen konnten, muss davon ausgegangen sein. Was passiert mit der wertvollen Fracht, welche der Menschheit in der Theorie eine neue Chance geben könnte? Und ist das Raumschiff wirklich entführt worden oder verbirgt sich dahinter eine verzweifelte Aktion zur Rettung der auf dem Planeten Gestrandeten ?         

  „Allein in der Dunkelheit“ stellt auf jeden Fall einen gut strukturierten und angesichts der zahlreichen offenen Entwicklungen guten Auftakt der zweiten „Homo Sapiens 404“ Ministaffel  dar. Die Handlung wird nach einem vielleicht angesichts der Gesamtkürze des Textes zu langen Auftakt unterhaltsam spannend erzählt, wobei sich die Autorin ihrer Vorbilder wohl bewusst ist und sie mit offenem Visier in den bislang originell weiterentwickelten eigenen Hintergrund integriert.

 

 


  • File Size: 660 KB
  • Print Length: 84 Seiten
  • Publisher: Rohde Verlag (January 27, 2014)
  • Sold by: Amazon Digital Services, Inc.
  • Language: German
  • ASIN: B00I0EKCOM