Conan, der Cimmerian Band 1: Die Königin der schwarzen Küste

Jean-David Morvan & Pierre Alvary

Die Idee ist bestechend einfach. Unterschiedliche Künstler adaptieren einige von Robert E. Howards populärsten „Conan“ Geschichten. Im Gegensatz zu den zum Beispiel Marvel Comics, welche „Conan“ wie die verschiedenen Romane und Kurzgeschichten über Jahre fortgesetzt und den Kosmos verändert haben, soll möglichst nahe am Original interpretiert werden. Es empfiehlt sich, zuerst die beiden Nachwörter von Patrice Louinet im ersten Band der neuen „Conan“ Edition zu lesen, in denen er ein wenig euphorisch nicht nur auf „Conans“ Schöpfer Robert E. Howard und die Bedeutung des Cimmeriers und nicht Barbaren in dessen Werk eingeht, sondern auch den Hintergrund der adaptierten längeren

Kurzgeschichte „Die Königin der schwarzen Küste“ erläutert.

 

Es ist einige der wenigen Geschichten, in denen eine attraktive Frau an seiner Seite aktiv kämpft und sich nicht als Hexe erweist. Auf diesen Punkt geht der Autor besonders ein. Ein wenig in Vergessenheit  gerät, dass Robert E. Howard auch ein Meister des Recyclings eigener Ideen gewesen ist und sich einige Aspekte der „Conan“ Geschichten in seinem früheren Werk wiederfinden. So ist der einzige „Conan“ Roman auch eine umgeschriebene Version einer anderen Novelle.

 Jean David Morvan und sein Zeichner Pierre Alary haben sich alle Mühe gegeben, diese auch für Howard nicht nur signifikante, sondern vor allem auch markante Geschichte gut umzusetzen. Der Leser muss sich vor allem von Schwarzeneggers „Conan“ verabschieden. Auch Roy Thomas muskelbepackte Version aus den frühen „Marvel“ Geschichten wird diesem manchmal wie ein archaischer Ritter erscheinenden Interpretation der Barbaren nicht gerecht. 

 Mit der Einleitung – „Conan“ schlägt einem ihn im wahrsten Sinne des Wortes nervenden Richter kurzer Hand den Kopf ab – nimmt die Geschichte gleich Fahrt auf. Morvan und Alary machen klar, dass „Conan“ nicht selten ungestüm agiert als nur ausschließlich wie im zweiten Teil der Geschichte zu reagieren.

 Es ist ein zwielichtiger Antiheld, der hier gezeichnet wird. Er ist sich nicht zu schade, plötzlich mitten im Kampf die Fronten zu wechseln, obwohl er mit seinem Schwert für die Überfahrt bezahlt hat. Seine „Kameraden“ lässt er sterben. An einer anderen Stelle stört es ihn auch nicht, das Unschuldige verurteilt werden, es geht ihm um die eigene Ruhe. Nur wenn ihn jemand zu nahe kommt, wird er brutal und effektiv zugleich getötet.

Alle wichtigen Sujets werden gestreift. Das Schwert ist im Grunde der einzige Freund des Kriegers. Auch wenn er mit der Königin der schwarzen Küste das Lager teilt, erinnern ihre Sexszenen eher an leicht sadistische, von Conans Seite aus dominante Versuche, den Partner zu unterwerfen als ihn zu befriedigen.

Aus seiner immer wieder betonten Erfahrung scheut „Conan“ nicht nur Magie, sondern auch übernatürlich wirkende Wesen. Versunkene Städte mit Todesfallen sind bei Howard immer eine besondere Herausforderung. Beginnend bei dem ölig ungenießbar erscheinenden Wasser und endend vor einem steinernen Thron mit einem Affengott ist der zweite Teil der Reise eine indirekte Hommage an den Wahnsinn, den Joseph Conrad in seinen Büchern heraufbeschworen hat.

 Wie bei Sir Henry Ridder Haggard fordert Conan dieses Mal nur indirekt, aber an der Seite der habgierigen Königin der schwarzen Küste die Mächte heraus, denen er niemals traute. Reichtum ist für diesen abgeklärten „Conan“ nur eine Randerscheinung. Kein Wunder, dass er nur bedingt um die Frau/ Freundin trauern kann, die sich von ihm entfremdet hat.

Fast alle Actionszenen werden ausschließlich visuell, aber teilweise auch mit kraftvollen Sprüngen und expressiven Schwertschwüngen fast wie im Manga erzählt. Pierre Alarys Zeichenstil ist im Zusammenhang mit einer klassischen Sword & Sorcery Geschichte ein wenig gewöhnungsbedürftig. Nicht selten fokussiert er sich auf einzelne Ausschnitte, verschiebt die Perspektive, während die „Landschaftszeichnungen“ die aus dem Inneren verfaulte Ewigkeit gut darstellen. Nur das Böse scheint unsterblich zu sein.

Jean David Morvan erweitert unauffällig die ursprüngliche Geschichte. Eher aus der Distanz erzählt schiebt der Autor über lange Zeit „Conan“ in den Mittelpunkt der Geschichte. Howard nutzte Zeitsprünge, um die Beziehung der Beiden zu skizzieren, bei Morvan und Alary wird es zu einem ekstatischen Strudel, etwas länger als eine Nacht, aber keine Monate oder Jahre. Nicht selten durchbricht Morvan die Wand zum Leser, in dem er unnötig „Conan“ zu übergeordneten Erzähler macht.

 „Die Königin der schwarzen Küste“ ist durch die Mischung aus Sword & Sorcery in Form der alten Stadt, legendären Monstren und der Beziehung zu einer perfekten Frau – Hure im Bett, Kampfgefährtin am Tage – wie schon eingangs erwähnt ein klassischer, manchmal auch ein wenig klischeehafter Howard Stoff, der intensiv mit einem Hauch brauner Hintergrundtöne zu viel in manchmal wie Skizzen aus einem Fiebertraum wirkende Bilder verpackt worden ist.

 An das Original mit Howards fast übertriebenen Stil, seinem Hang zu sehr kurzen Sätzen reicht diese Adaption nicht heran, auch Frazettas ungewöhnliche „Conan“ Titelbilder werden ignoriert, aber insgesamt wird dieses Comic vor allem die Leser ansprechen, die einen modernen „Conan“ kennenlernen wollen und weniger klassische Heroic Fantasy zu goutieren suchen.    

 

Conan der Cimmerier: Die Königin der schwarzen Küste

  • Gebundene Ausgabe: 64 Seiten
  • Verlag: Splitter-Verlag; Auflage: 1., (20. November 2018)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3962192026
  • ISBN-13: 978-3962192020
  • Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 14 Jahren
  • Originaltitel: Conan le Cimmérien
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