Cherringham Band 1- Mord an der Themse

Cherringham 1, Mord an der Themse, Rezension
Matthew Costello und Neil Richards

 

Mit „Cherringham“ beginnt der Bastei Verlag im Heftromanformat eine Reihe, die als E Book bzw. Hörbuch schon seit längerem Erfolg hat. Der Titel der ersten Episode „Mord an der Themse“ und das stimmungsvolle Foto eines britischen Landhauses weisen darauf hin, dass es wie bei Agatha Christie in der Provinz nicht immer friedlich zugeht.

Interessant ist, dass wie in der Serie mit Matthew Costello ein Amerikaner – bekannt auch durch seine Mitarbeit an einigen Videospielen, die Arbeit bei der BBC und einige Romane – mitschreibt und den Außenseiterblick auf die britischen Eigenheiten aus erster Hand beschreiben kann. Sein Partner Neil Richards ist dagegen Brite. Gemeinsam haben sie schon verschiedene Drehbücher vor allem fürs Fernsehen verfasst. „Cherringham“ ist ihre erste Buchzusammenarbeit.

Der Auftaktroman „Mord an der Themse“ hat eine doppelte Funktion. Er muss das neue, natürlich konträre Ermittlerteam möglichst überzeugen zusammenbringen und gleichzeitig den für die weiteren Episoden so wichtigen Hintergrund einer britischen Kleinstadt unweit von London möglichst dreidimensional wie authentisch beschreiben.

Bei den Protagonisten setzen die beiden Autoren auf Bewährtes aus dem Kino. Eine Einheimische – in diesem Fall die aus persönlichen Gründen involvierte Amateurin – und ein Profi von außerhalb, wobei der Kontrast zwischen dem brutalen New York und dem exzentrisch biederen britischen Dorf nicht größer sein könnte. Aber daraus resultieren nicht nur einige Missverständnisse und Widerstände der Bevölkerung gegen den Fremden, sondern auch Potentiale, denn nur die erfahrene Spürnase Jack Brennans kann bei der Aufklärung des Verbrechens helfen. Der anscheinend amtsmüde Jack Brennan lebt auf einem der entlang der Themse liegenden Boote zusammen mit seinem Hund. Seine Frau ist vor kurzer Zeit an Krebs gestorben und er hat sich mit dem Umzug aus New York nach Cherringham vor allem auch ihren Lebenstraum erfüllt. Anscheinend hat er auch Kinder gehabt. Zu Beginn ist er abwesend und in sich gekehrt. Erst als sein Interesse nicht nur an diesem Fall, sondern wie der Epilog impliziert, genereller Ermittlungsarbeit wieder erweckt wird, erwacht er förmlich zu neuem Leben und ist auch bereit, nicht immer nach Recht und Gesetz zu agieren.

Sarah Edwards ist 38 Jahre alt. Sie ist in Cherringham geboren worden. Mutter von zwei Kindern teilweise in der Endstufe des Teenageralters und inzwischen geschieden, nachdem ihr Mann zahlreiche Affären gehabt hat. Sie versucht sich als selbstständige Webdesignerin in ihrer Heimatstadt eine neue Existenz aufzubauen, muss aber schnell feststellen, dass es alles relativ beengend und vor allem langweilig ist.

Die beiden Autoren entwickeln die markanten Züge ihrer Charaktere vor allem während der Fall abläuft. Nicht selten verzichten sie zu Gunsten eines flotteren Handlungsverlaufs auf ausführliche Beschreibungen und definieren ihre Protagonisten vor allem über ihre Handlungen, wobei Sarah Edwards als ein wenig stärkere Identifikationsfigur des Lesers sogar „stumm“ ihre Gedanken nicht nur zum Fall, sondern auch zum deutlich älteren, aber nicht unsympathischen Amerikaner formulieren darf. In dieser Hinsicht wirkt Jack Brennan im Auftaktroman noch wie eine Chiffre.

Der Fall ist relativ simpel, wobei die Autoren die Stoßrichtung sehr schnell gefunden haben, während die Identität des Täters mittels einer Mischung aus Instinkt und Technik erst spät offenbart wird.

Sarah Edwards Freundin aus Jugendtagen wird scheinbar ertrunken an einem Sperrgitter im örtlichen Weiher gefunden. Anscheinend ist sie ertrunken, nachdem sie im kleinen Pub im Ort sich betrunken hat.  Sarah Edwards ist geschockt und sucht nach Zeugen. Dabei trifft sie auf den in der Nähe lebenden Polizisten, der aber nichts gesehen haben will.  Durch ihre Fragen neugierig gemacht, erkennt er schnell, dass zumindest die Unfall oder Selbstmordtheorie des örtlichen Polizisten nicht stimmen kann. Er überredet Sarah Edwards, mit ihm auf Spurensuche zu gehen.

Positiv ist, dass Jack Brennan zwar eigentlich mit Mördern nichts mehr zu tun haben möchte, die Autoren aber auf das abgegriffene Klischee eines ausgebrannten, sich gegen den Fall wehrenden Polizisten verzichten und Brennan relativ schnell die Zügel in die Hand nehmen lassen.  Die Vorgehensweise ist klassisch mit dem Befragen verschiedener potentieller Zeugen wie Verdächtiger und einem relativen Ausschluss der wenigen in Frage kommenden bis auf eine Familie. Dazu kommt eine Rekonstruktion der Tatnacht. Alles wird nicht unbedingt herausfordernd und/ oder verschleiernd präsentiert, die einzelnen Versatzstücke fallen am Ende bis auf den eigentlichen Täter sehr schnell zusammen. 

Auch die Polizist in Form des wirklich eindimensional bis dümmlich naiv beschriebenen Alan steht ihnen nicht sonderlich im Wege, zumal alternierend Sarah als auch Jack Menschen kennen, die ihnen Gefallen schulden und einige ermittlungstechnische Klippen des Falls so umschiffen.

Das Motiv ist relativ klar und hat weniger mit der  ländlichen Idylle zu tun, sondern gehört in den „familiären“ Bereich, wobei Matthew Costello und Neil Richards vielleicht zu viele Hinweise zu früh fallen lassen.

Dank der sympathischen, ihren Rolle gerecht werdenden Protagonisten sowie der wie eingangs erwähnt überzeugenden Beschreibung der ländlichen Idylle präsentiert dieser erste mit dem Untertitel „Landluft kann tödlich sein“ versehenen Kriminalreihe solide kurzweilige Unterhaltung, wobei die Übersetzung stellenweise ein wenig holprig ist und ob Absicht oder Zufall der Roman als Ganzes stilistisch uneinheitlich erscheint. Vor allem sollten sich die Autoren abgewöhnen, zum Abschluss einzelner Kapitel sich offensichtlich ein wenig schlauer darzustellen als sie eigentlich inhaltlich sein sollten. Diese Vorgehensweise gipfelt in nicht mehr opportunen Bemerkungen, die den Leser aus dem bis dahin solide und ruhig entwickelten Handlungsfluss förmlich reißen.      

Bastei Verlag

Heftroman, 64 Seiten

Kategorie: