Der Luftpirat und sein lenkbares Luftschiff - Auf den Spuren einer Legende

Der Luftpirat und sein lenkbares Luftschiff, Titelbild
Hartmut Muche und Heinz J. Galle

Spätestens mit der Sammelbemühung verschiedener Sammler unter der Führung der „Villa Galactica“ Crew um Marianne Sydow und ihren Sohn Ralph Ehrig ist diese deutsche utopische Heftromanserie aus den Jahren 1908 bis 1911/ 1912 wieder in den Fokus der zahlenmäßig überschaubaren Fangemeinde utopischer Heftromanserien aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg gerückt worden. Vor einigen Jahren hat Dieter von Reeken schon zusammen mit Heinz J. Galle einen Sammelband mit einzelnen Romanen, aber vor allem vielen Hintergrundinformationen zusammengetragen.

Hartmut Muches Bildband um die russische Version der Serie ergänzt die bisherigen Veröffentlichungen textlich nur ein wenig. Wenn der Titel davon spricht, dass man sich „Auf den Spuren einer Legende“ bewegt, dann betrifft es vor allem die wunderschönen, farbenprächtigen Titelbilder der russischen Ausgabe inklusiv einer Exkursion nach Polen. 

Textlich führt Heinz J. Galle routiniert in die Welt des „Luftpiraten“ ein.  Er ordnet den historischen Hintergrund von Graf Zeppelin und seinen Luftschiffen sowie dem obligatorischen Hinweisen, dass Kapitän Moers eine deutliche Ähnlichkeit mit Jules Vernes Nemo hat, ein. Dazu kommen noch einige andere Überschneidungen hinsichtlich der technischen Ausgestaltung des lenkbaren Luftschiffes als eine Art „Nautilus der Atmosphäre“ sowie zweimal die Abbildung der ausführlichen, im Grunde ersten Risszeichnung der utopischen Literatur lange vor Perry Rhodan.

Da der Luftpirat teilweise auch auf aktuelle Zeitgeschehnisse und Katastrophen in den Romanen reagieren konnte, lässt sich der Zeitraum der Veröffentlichung der mehr als einhundertfünfzig Ausgaben einordnen. Auch hier fasst Heinz J. Galle vor allem für Fans, die bislang keinen intensiven Kontakt mit der Serie gehabt haben, die wichtigsten Fakten konsequent zusammen. 

Heinz J. Galle schaut anschließend nach vorne in die Zeit bis nach dem Zweiten Weltkrieg, als ein utopischer Roman in mehrere Teile aufgeteilt zu einer Neuauflage des „Luftpiraten“ zu werden schien: An einer anderen Stelle aber auch stark in die Vergangenheit, wenn er nicht nur die Wurzeln der Serie in den amerikanischen Dime Novels sieht, sondern sich bemüht, sie auch mittels zahlreicher nicht immer wirklich opportuner Zitate aus verschiedenen sekundärliterarischen Werken genretechnisch einzunorden. Das wirkt überambitioniert, denn es geht ja weniger um die Frage, ob zuerst die Henne oder das Ei da gewesen ist, sondern jedes Genres hat in jedem Land irgendwie und irgendwo einen Debütanten.

Und zusammen mit der utopischen Literatur eines Daibers oder eines Oskar Hoffmanns – er könnte einer der beiden Autoren hinter der anonym veröffentlichten Serie sein – bildet diese langlaufende Serie einen wichtigen Eckpfeiler deutscher utopischer Literatur.

Faszinierender sind die hinsichtlich der russischen Ausgabe - in Warschau veröffentlicht - zusammengestellten Fakten. Sie startete anscheinend nur ein Jahr später als die deutschen Ausgaben, lief aber mit deutlich weniger Nummern anscheinend den abgedruckten Titelbildern folgend auch aus dem Zusammenhang gerissen bis ins Jahr 1915.

Hartmut Muche und Heinz J. Galle gehen nicht nur auf den Verlag ein, denn Warschau gehörte als Kongresspolen noch lange Zeit bis zur Einstellung des Luftpiraten als Kongresspolen zum russischen Zarenreich. Sie versuchen auch ein Bild der Pulpliteratur zu zeichnen, welche das zaristische Rußland von Westen kommend zu infiltrieren suchte. Dabei können beide Autoren umfangtechnisch nicht in die Tiefe gehen, versuchen aber einige Fakten zusammenzufassen.

Während der Luftpirat in Jules Vernes Heimat keinen Fuß fassen konnte, sind die russischen Ausgaben faszinierend. Dank der Inhaltsangaben kann sich der Leser ein Bild davon machen, welche Texte präferiert worden sind.  Auch wenn kaum noch Informationen über den Warschauer Verlag zu finden sind, bemühen sich die Herausgabe, die vorhandenen Fakten nicht nur zusammenzutragen,  sondern in Kombination mit dem beim Dieter von Reeken Verlag veröffentlichen Buch ein möglichst umfassendes europäisches Bild dieser Serie zu zeichnen.  Natürlich lassen sich nicht alle Fragen beantworten. Irgendwann hat der „Luftpirat“ wahrscheinlich dem Inhalt der Serie auch geschuldet sein „lenkbares Luftschiff“ titeltechnisch verloren und ist nur noch als Luftpirat unterwegs gewesen.

Wie eingangs erwähnt sind die inhaltlichen Zusammenfassungen der einzelnen russischen Ausgaben zwischen den Titelbildern platziert worden.  Der Höhepunkt nicht nur dieses Bildbandes sind aber die Titelbilder. Minutiös und fast schon detailversessen sind die digital restauriert worden. Das Großformat des Bildbandes ermöglicht eine genauere Betrachtung als zum Beispiel bei den Nachdrucken der „Villa Galactica“, die qualitativ schon sehr überzeugend gewesen sind.  Ergänzt wird diese Bildergalerie durch die Rückseiten einiger Ausgaben von „Kapitän Mors und sein lenkbares Luftschiff“, in denen auch immer wieder auf einen deutsche Art des Jules Vernes und seiner einzigartigen Texte hingewiesen worden ist. Es lohnt sich, dieses Buch in Ruhe durchzublättern und teilweise die einzelnen Inhaltsangaben zu studieren, aus denen sich die Entstehung der Titelbilder wieder herauslesen lässt.  Auch das Layout ist sehr gut gelungen. Mittig ist das russische Titelbild platziert worden. Als Hintergrund dient eine Vergrößerung des Titelbildes mit dem Hinweis auf die deutsche Ausgabe bestehend aus der Heftromannummer, dem deutschen Titel und dem Teaser in Form einer Zeile.

Wer sich für die alten Heftromanserien interessiert, kommt aufgrund der Seltenheit des Originalmaterials an diesen wunderschönen Sammelausgaben – der erste Band Hartmut Muches setzte sich mit den Heftromangeschichten um zahlreiche bekannte Piraten und Freibeuter auseinander – nicht herum, auch wenn das großformatigen Hardcover zu einem qualitativ angemessenen, aber für manche Kassen auch stolzen Preis daherkommen.

Es bleibt dem mutigen Herausgeber zu wünschen, dass der Markt sein auch monetäres Engagement honoriert und weitere Ausgaben veröffentlicht werden. Fans utopischer Literatur können sich mit dieser Titelbildflut im positiven Sinne einen optischen Meilenstein ins Regal stellen.  

Der Luftpirat und sein lenkbares Luftschiff

- Auf den Spuren einer Legende -

 

 

HC- Bildband mit über 100 Titelbildern.

Einführendes Vorwort vom bekannten Autor und Verleger Heinz J. Galle

Episodenführer von Marianne Sydow-Ehrig

&

Ralph Ehrig

200 Seiten, komplett farbig

Gewicht 1,2 kg

 

65,- Euro + Verpackung und Versand

DHL-Päckchen 5,00 Euro

 

Bestellung bitte an:

Hartmut Muche, Branntweingäßchen 01, 02625 Bautzen, Deutschland

h.muche@t-online.de

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