Homo Sapiens 404 Band 24 "Omega"

Claudia Kern

Mit über 30 Prozent mehr Umfang – knapp 100 statt den meistens um die 72 seiten – präsentiert Claudia Kern das Ende ihrer Science Fiction Zombie Saga. Dabei legt die Autorin vor allem Wert darauf, diese insgesamt 24 Teile nicht als Sprungbrett für weitere Fortsetzungen zu sehen, sondern inhaltlich und handlungstechnisch ein echtes Ende zu präsentieren.  Um ihre Leser auf den aktuellen Stand zu bringen, fasst die Autorin teilweise mit interessanten Anspielungen wieder auf STAR WARS – es gibt sowohl mehrere Hinweise auf den Todesstern und dessen fehlerhafte Konstruktion als auch eine Motivationshilfe, welche die Kraft zu einem geflügelten Wort hat – die wichtigsten Aspekte der Handlung beiläufig, unauffällig und keinesfalls den durchaus rasanten Handlungsfluss störend zusammen.  Souverän arbeitet sie auf verschiedenen Ebenen, wobei der Blick für die finale Auseinandersetzung immer im Mittelpunkt steht.

Ausgangspunkt der Handlung ist die schwierige Allianz zwischen der Crew der „T.S. Eliot“ und Brown. Im letzten Roman hat Claudia Kern die potentiellen „Blade Runner“ Aspekte mit der Begegnung zwischen Kreatur und Schöpfer schon angesprochen.  Religiöser Fanatismus findet nicht statt. Sie schreibt der Emanzipation das Wort. Auckland muss zumindest phasenweise mit Brown auskommen. Für das Ende dieser Konfliktsituation hat die Autorin einige überraschende Momente im Köcher, die gar nicht den erwarteten Klischees entsprechen.  Das Ziel der Expedition ist eine der wenigen Kampfstationen im Orbit mit einem Bubble Antrieb –so Sinn frei sich diese Bezeichnung anhört, so sehr erläutert sie die Autorin mit einem halbernsten Gesicht -, welche von dem inzwischen wahnsinnig gewordenen Jockey Mak´Uryl und einem Team besetzt worden ist. Sollte er die Station wieder in Betrieb nehmen, dann könnte er die Erde vom Rest des Universums isolieren, die Verbreitung des Zombie Virus unter den Jockey aber nicht verhindern und die Mannschaft der „T.S. Eliot“ in einem rasant sterbenden Sol System zurücklassen.  In der Station selbst droht die Mission zu scheitern. Anscheinend sind einige der Informationen falsch und vor allem Kipling als nicht selten aus der Ferne steuerndes Element wirkt in die Enge gedrängt. Claudia Kern  nimmt sich dank des höheren Umfangs sehr viel Zeit, um noch einmal alle wichtigen und das Geschehen bislang überlebenden Figuren Revue passieren zu lassen. Sie erhalten ihre obligatorischen fünf Minuten des Ruhm und die Autorin scheut auch nicht vor einigen ihrer bekannten Sprüche zurück.  Inzwischen sind ja fast alle Handlungsebenen zusammengelaufen, so dass der Plot deutlich fokussierter und damit auch dynamischer erscheint als in den ersten Ebooks dieser finalen vierten Staffel.

Hier baut sich aber auch ein Problem auf. Die Ereignisse überschlagen sich und in den letzten Kapiteln agiert Claudia Kern vielleicht auch unbewusst hektisch. Während sie im vorletzten Band sehr souverän die Handlung weiter geführt und sogar neue Ideen eingeführt hat, scheint der Gesamtkomplex sehr abrupt zu enden. Natürlich impliziert das ein wenig offene Ende noch Hoffnung auf eine Fortsetzung und die weitere Extrapolation einer Reihe von bislang unterentwickelten Handlungssträngen, aber nach insgesamt vierundzwanzig Ebooks mit mehr als eintausendfünfhundert Seiten muss der Leser zweimal genau hinschauen, um die einzelnen Handlungsauflösungen zu erkennen.

Natürlich ist der Gesamtplot beginnend mit den ersten Abenteuern der „T.S. Eliot“ von außen betrachtet hin und her geschwankt. Es gab von Beginn an keinen finalen Antagonisten, kein echtes Ziel und wenn ein übergeordneter Erzähler den Nerds gesagt hätte, sie würden das Universum retten, dann hätten sie ungläubig mit dem Kopf geschüttelt. Genau das müssen sie jetzt machen. Der militärische Fanatiker Brown wird durch Aucklands entschlossenes Handeln fast gänzlich neutralisiert und verliert von einem Kapitel zum nächsten an Charisma. Der wahnsinnige Jockey Mak Uryl hat als Figur in den bisherigen Romanen sein Potential nicht annähernd ausgeschöpft und auch hier baut die Autorin ihn zunächst auf, um ihn dann vor allem angesichts der planerischen Improvisation der Angreifer zu schnell fallen zu lassen.  Vor allem weil die Autorin dann auf den letzten Seiten auch konsequent für die Originalität der ganzen Serie noch einmal einen gänzlich anderen Plan eines der Beteiligten präsentiert.

So bleibt „Omega“ ein eher solider, gut strukturierter, aber viel zu hektisch abgeschlossener finaler Band.  Über mehr als drei Jahre hat Claudia Kern aber trotzdem mit dieser Serie bewiesen, dass man die Vorlagen von „Alien“ über „Blade Runner“, „Mad Max“ bis zu Romeros „Zombie“ Streifen aber effektiv für ein eigenes Garn als Hintergrund nutzen kann.  Dabei greift sie auf die Klassiker nicht als Hommage zurück, sondern ihre Figuren kennen und lieben die Filme. Nicht selten erahnen sie, in welche Situationen sie nach einem „göttlichen Drehbuch“ von einem „Verrückten“ geschrieben  geraten werden und können doch auf den ersten Blick nichts daran ändern. Diese perfekte Symbiose aus Bekannten und Neuem, dazu die frechen und kurzweilig geschriebenen Dialoge voller Anspielungen; ein Käfig voller Narren als Protagonisten und schließlich eine Aneinanderreihung von immer wieder gut geschriebenen, aber nicht durchgehend zufriedenstellenden Actionszenen machen aus „Homo Sapiens 404“ eine klassische Insiderserie, geschrieben von einer Autorin, die wie ihr Portrait sagt, mit den Stoffen buchstäblich aufgewachsen ist.  

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 771 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 113 Seiten
  • Verlag: Rohde Verlag (22. Juni 2015)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B00YHVKKMQ